„Krone“-Herausgeber und Chefredakteur Christoph Dichand erinnert sich an seinen Vater und die Geburtsstunde der „Steirerkrone“ vor 50 Jahren. Warum sie mehr als eine Bundesland-Ausgabe ist und eine andere Linie als die Wiener Redaktion fahren kann.
Es war der Schulweg, der in Hans Dichand den Wunsch heranreifen ließ, Journalist zu werden. Der führte ihn durch die Grazer Schönaugasse, wo damals die „Kleine Zeitung“ ihren Sitz hatte. Sie war, wie er in seinen Erinnerungen schrieb, der „Kronen Zeitung“ bewusst nachgeahmt worden und hatte sich in der Steiermark gut durchgesetzt. Viele Jahre später - die alte „Kronen Zeitung“ war inzwischen eingestellt worden - sollte Hans Dichand die „Kronen Zeitung“ neu gründen.
Fasziniert vom Klappern der Setzmaschinen und dem Dröhnen der Rotationspressen versuchte er, die Geheimnisse dieses Hauses zu erlauschen. „Barfuß stand ich oft lange mit meinem abgewetzten Schulranzen am Rücken da und hätte nur allzu gerne gewusst, wie es da drinnen aussehen mochte“, erinnerte sich Hans Dichand in seiner Biografie. Mit vierzehn Jahren schrieb er die ersten Bewerbungen an Tageszeitungen. Zurück kam der Rat, das Buchdruckergewerbe zu erlernen, Dichand wurde Schriftsetzerlehrling, bis der Krieg alles unterbrach.
Erste journalistische Erfolge in der Steiermark
Erst danach führte sein Weg vom britischen Nachrichtendienst zu einer Zeitung, der „Murtaler Zeitung“. Wieder war es die Steiermark, wo er seine ersten journalistischen Erfolge hatte. Diese brachten ihn weiter zum „Steirerblatt“ und schließlich zu einem Bewerbungsgespräch bei dem damaligen Generaldirektor der „Styria“, Dr. Karl Maria Stepan. Zu dem Zeitpunkt kam für Hans Dichand nur mehr die Position als Chefredakteur der „Kleinen Zeitung“ infrage.
Damit schien aber auch sein beruflicher Werdegang gleich wieder ein jähes Ende gefunden zu haben. Denn die Austria Presse Agentur (APA) wollte die unabhängige „Kleine Zeitung“ nicht mit Nachrichten beliefern, dominierten doch damals Parteizeitungen die Medienlandschaft. In der Redaktionssitzung der „Kleinen Zeitung“ gab es lange Gesichter. Es war unvorstellbar, dass eine Tageszeitung ohne Nachrichtenagentur bestehen konnte.
Kein Stein blieb auf dem anderen
Aber Hans Dichand hatte eine Idee: Er wisse von den Briten, wie Nachrichtenagenturen arbeiteten, und könnte das mit wenig Aufwand improvisieren, meinte er. „Dann werden Sie Chefredakteur“, dröhnte der Generaldirektor mit Bassstimme und richtete „seinen knöchernen Finger“ auf ihn. Ein Fingerzeig, der eine steile Karriere auslöste und zur Folge hatte, dass in Österreichs Medienlandschaft kein Stein mehr auf dem anderen blieb. Hans Dichand gründete später in Wien den „Kurier“ und schließlich die „Kronen Zeitung“.
Für ihn war es undenkbar, die „Kronen Zeitung“ zur „Geschichte eines Erfolges“ zu machen, ohne dabei an die Steiermark zu denken, wo alles begonnen hatte. Die „Steirerkrone“ war die zweite Bundesländerausgabe der „Kronen Zeitung“, eigentlich war sie viel mehr als das, nämlich eine selbstständige Zeitung mit einer eigenen, ehrgeizigen und sehr selbstbewussten Redaktion, mit der Hans Dichand in den Anfangsjahren viel Zeit verbrachte. Viel Herzblut des begeisterten Journalisten floss in die Entwicklung dieser „Steirerkrone“, deren Eigenständigkeit wichtigste Vorgabe des Herausgebers war.
Oft ein Gegenpol zur Wiener Redaktion
Der „Steirerbua“ mit dem abgewetzten Schulranzen, der in der Grazer Schönaugasse vom Geheimnis des Zeitungswesens erfasst und niemals mehr losgelassen wurde, setzte jetzt seine Überzeugung journalistischer Unabhängigkeit direkt um. Das führte dazu, dass die „Steirerkrone“ eine eigene Linie, oft sogar als Gegenpol zu der Wiener Redaktion, verfolgte.
Legendär ist beispielsweise der Konflikt um den Semmeringtunnel, bei dem die Wiener Redaktion die Seite der Umweltschützer einnahm, die steirische Redaktion sich jedoch in Abwägung wirtschaftlichen Aspekte für diese Verkehrsverbindung einsetzte. Am Ende stand ein Kompromiss zwischen Tunnelbefürworten und -gegnern. Die Tunneltrasse wurde verlegt. Auch der frühere Landeshauptmann Niederösterreichs, Erwin Pröll, hatte seinen Einfluss geltend gemacht. Dem Umweltschutzgedanken wurde damit stärker Rechnung getragen, als es bei der ursprünglichen Trassenplanung der Fall gewesen wäre, aber der Tunnel kommt.
Jetzt feiert diese unabhängige Redaktion mit ihrer Liebe zur Steiermark, die als Vermächtnis Hans Dichands in der „Steirerkrone“ täglich spürbar ist, ihr großes 50-jähriges Jubiläum. Ich gratuliere herzlich - allen, die diesen Erfolg möglich machen, vor allem den treuen steirischen Leserinnen, Lesern, Userinnen und Usern.
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