Wenn Kind krank ist

„Wir wussten: Unser Bub wird vor uns gehen“

Steiermark
02.06.2022 06:00

„Hauptsache gesund“ - das wünschen sich alle Eltern. Dem Steirer Alexander Kruschinski war das nicht gegönnt. Aber seine Familie bleibt bis heute stark - mithilfe des Kinderhospiz-Teams.

Bei Karin und Christian Kruschinski wird eigentlich immer gescherzt und gelacht. Sie genießen den Tag in Graz bei herrlichem Sommerwetter. Der Grund für ihre Reise von Fehring in die Landeshauptstadt ist allerdings kein lustiger. Im Februar ist Karins und Christians Sohn Alexander verstorben. Er wurde 16 Jahre alt und litt unter Lissenzephalie, einem Gendefekt. „Als Baby ist er mir zuerst nur ignorant vorgekommen. Er hat uns nicht angesehen“, sagt Karin Kruschinski. „Mit zwei Monaten kamen dann die ersten Anfälle.“

Bald steht fest: Alexander ist schwer behindert. „Wir haben nicht gewusst, ob er uns sieht, aber er hat uns gehört und gespürt.“ - „Das Drehen im Rollstuhl, das hat ihm Spaß gemacht“, sagt Christian Kruschinski. „Mit drei Jahren hat er zum ersten Mal gelacht.“

Alexander wurde 16 Jahre alt (Bild: Hannah Michaeler)
Alexander wurde 16 Jahre alt

„Das Leben ist plötzlich völlig anders“
Prognosen, wie lange Alexander leben wird, können die Ärzte nicht abgeben. Zwei Monate, zwei Jahre, zehn Jahre - alles ist möglich. „Das gesunde Kind stirbt im Gedanken, wenn man so etwas erfährt. Das Leben, das man sich vorstellt, ist plötzlich ein anderes. Kein Rechtsanwalt im Anzug mehr.“

Als Alex zehn oder elf Jahre alt ist, holen sich die Kruschinskis Hilfe vom mobilen Kinderhospizteam. Kein leichter Schritt, wie Karin erzählt. „Zuerst habe ich mich nicht einmal getraut, in die Hospiz-Ecke zu schauen. Das hat für mich geheißen: In drei Monaten ist er tot.“ Dabei sind von 179 betreuten Kindern der mobilen Teams in der Steiermark im vergangenen Jahr nur fünf verstorben.

Trotzdem müsse man sich mit dem Tod konfrontieren, sagt Christian: „Der Bub wird vor uns gehen. Das haben wir gewusst.“ - „Und dann braucht man ein Netz, das einen auffängt“, ergänzt seine Frau. Einen Plan, bevor die Situation akut wird.

Karin und Christian Kruschinski mit Johann Baumgartner (Mitte), Leiter der Koordination der steirischen Kages-Palliativbetreuung. (Bild: Foto Ricardo)
Karin und Christian Kruschinski mit Johann Baumgartner (Mitte), Leiter der Koordination der steirischen Kages-Palliativbetreuung.

„Der letzte Schritt ist leicht“
An einem Montag im Februar wird es bei den Kruschinskis schließlich akut. „Es war ein Wahnsinn, wie an dem Tag alles gepasst hat. 15 Minuten, bevor es passiert ist, ist das Hospiz-Team gekommen. Sie haben vermittelt: Du brauchst keine Angst haben. Der Weg zum Tod ist beschissen, aber der letzte Schritt ist leicht.“ Die Familie verabschiedete sich. In Alex’ Schule schmückten die Kinder danach seine Rollstuhlrampe mit Kerzen und Blumen.

Fakten

Je zwei Kinderhospiz- und Kinderpalliativ-Teams sind im LKH Leoben, im Uniklinikum Graz und im Hospizverein Steiermark stationiert. Sie wollen helfen? Das geht durch Spenden:  

  • Verein Kinder. Leben auf Zeit, IBAN: AT50 3800 0000 0575 0286;  
  • Hospizverein Steiermark, AT80 2081 5000 0095 5989.

„Trauer wie eine Wolke“
Seitdem ordnen die Kruschinskis ihr Leben neu. „Es war eine intensive Zeit für die Familie“, sagt Christian. „16 Jahre lang kümmerst du dich um jemanden, und dann bist du plötzlich quasi arbeitslos.“

Das Hospizteam betreut das Paar weiter, bietet psychologische Hilfe an. „Die Trauer kommt wie eine Regenwolke immer wieder“, sagt Karin. Sie spricht offen über ihre Geschichte. Tabus kann niemand brauchen. Sehr wohl aber ein offenes Ohr - oder ein bisschen Humor.

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