Zehn Jahre Haft drohen

Betrugsprozess rund um Ex-EU-Abgeordneten Seeber

Tirol
27.09.2021 11:53

Der frühere Tiroler ÖVP-EU-Abgeordnete Richard Seeber muss sich ab Montag vor dem Innsbrucker Landesgericht wegen des Vorwurfs des schweren Betrugs verantworten. Der 59-Jährige soll zwischen 2006 und 2010 Scheinrechnungen eines externen Beraters vorgelegt haben, der ihn bei seiner Arbeit als Abgeordneter unterstützt haben soll. Leistungen sollen allerdings keine erbracht worden sein. Auch der Berater - ein 65-jähriger Rumäne - steht vor dem Schöffengericht. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

„Was wir da haben, ist de facto die Metastase einer politischen Intrige“, war Seebers Anwalt Markus Orgler zu Beginn der Verhandlung überzeugt. Die Vorwürfe wurden erstmals 2013 erhoben - also drei Jahre nachdem die Beratungstätigkeit beendet wurde, aber kurz vor der Listenerstellung für die EU-Wahl 2014. „Wenn jemand diesen Vorwurf hat, ist er politisch tot“, sagte der Verteidiger. Seeber habe sich manchmal „nicht so verhalten, wie es gewisse Lobbys haben wollten“, stellte er in den Raum.

Orgler führte ins Treffen, dass Seeber aufgrund des freien Mandats niemandem Rechenschaft schuldig sei: „Wenn er jemand in die Glaskugel schauen lässt, ist das aus unserer Sicht nicht intelligent, aber es steht ihm zu.“ Seeber habe damals - nachdem die EU-Osterweiterung über die Bühne gegangen war - im Regional- und Umweltausschuss gearbeitet. Er habe daher auch viel mit Rumänien zu tun gehabt und seinen Bekannten - mit dem er schon seit Jahren geschäftlich verbunden war - zurate gezogen und in weiterer Folge dann auch dafür bezahlt.

Schadenshöhe soll bei rund 400.000 Euro liegen
Er habe Allianzen in den Neo-EU-Staat aufbauen wollen, argumentierte der Anwalt. Er bestritt außerdem die Unrechtmäßigkeit der Geldflüsse dahin gehend vehement, dass Seeber davon selbst keinen Nutzen gehabt habe. „Es gab also kein Motiv“, sagte er, und: „Niemand bereichert jemand anderen altruistisch in dieser Größenordnung!“ Die Schadenshöhe soll bei rund 400.000 Euro liegen.

Tochter des Rumänen ohne Deutschkenntnisse
Für den Staatsanwalt dagegen war klar, dass keine Leistung erbracht wurde. Seeber und der 65-Jährige seien seit Mitte der 1980er-Jahre miteinander verbunden, auch in geschäftlicher Hinsicht. Seeber arbeitete im Tourismusbereich und kam im Rahmen der Donauschifffahrt auch nach Rumänien. Der Tiroler habe seinem Bekannten auch geholfen, ein Geschäft in Rumänien aufzubauen, später gründeten sie in Österreich gemeinsam eine Gesellschaft. Ab 2004 wurde die Zusammenarbeit wieder aufgenommen, nach 2010 wurde die Beratertätigkeit auf die Tochter des Zweitangeklagten übertragen. Was den Staatsanwalt verwunderte, war, dass sie gar kein Deutsch gesprochen habe.

Teils 116 Stunden in der Woche gearbeitet
Außerdem führte er den Arbeitsaufwand ins Treffen, den der 65-Jährige geleistet habe. Teils seien 116 Stunden in der Woche gearbeitet worden - und das neben anderen geschäftlichen Aufgaben. Zudem sei das Arbeitsportfolio für die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft auffällig: Der Rumäne müsse demnach ein „Universalgenie“ sein.

Ob der 65-Jährige in Österreich überhaupt verfolgt werden kann, stellte sein Verteidiger indes infrage. Weder der mutmaßliche Tat-, noch der Erfolgsort sei Österreich gewesen. Auch für den Richter müsse diese Frage - am Ende des Verfahrens - noch geklärt werden. Dass beim Mitangeklagten keine Unterlagen für die erbrachte Arbeit gefunden wurden, erklärte der Verteidiger damit, dass sie weder für Seeber noch für den Berater Relevanz gehabt hätten. Zudem argumentierte er, dass er für die Arbeit sehr wohl Zeit gehabt habe, da er durch die Tätigkeit in seinem Familienunternehmen flexibel gewesen sei.

Bis zu zehn Jahre Haft drohen
Seeber und dem Rumänen drohen im Fall einer Verurteilung ein bis zehn Jahre Haft. Die EU-Gelder sollen direkt auf das Konto des Beraters und von dessen Tochter überwiesen worden sein. Der zweite Verhandlungstermin wurde für den 20. Oktober angesetzt. Aufgrund eines Corona-Falles im Umfeld Seebers in Brüssel war der Prozessauftakt - der bereits vergangenen Montag über die Bühne hätte gehen sollen - um eine Woche verschoben worden.

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