Mordversuchs-Prozess

Im Jagatee-Rausch die Skistöcke zur Waffe gemacht

Salzburg
17.09.2021 11:00
„Ich schäme mich, dass ich heute hier sitze“, sagt der breit gebaute deutsche Fitness-Unternehmer (46). Sonst meint er nur: „Ich kann mich nicht erinnern.“ Auch nicht, dass er im März 2019 beim Ski-Urlaub in Flachau auf fünf Männer eindrosch. Einen attackierte er mit Skistöcken gegen den Kopf. Ein versuchter Mord?

Frisch polierte Lackschuhe, ein perfekt sitzender Anzug und Aussagen mit viel „Ich“-Bezug: Offensichtlich sieht sich der Angeklagte – ein unbescholtener Deutscher (46) – als ein Mann, dem derartiges, wie in der Anklage steht, nicht passieren könne. Es ist aber im März 2019 passiert. Am letzten Tag seines Ski-Urlaubes im Après-Ski-Mekka Flachau mit seiner deutlich jüngeren Frau soll er seine brutale Seite offenbart haben. Zuerst bei der Lisa Alm, dann bei einem Berggasthof, und zuletzt im Pistenbully-Taxi. Gleich fünf Opfer führt Staatsanwalt Roland Finster an – drei waren Polizisten, die privat einen Ski-Ausflug gemacht hatten. Und einen dieser Männer attackierte er brutal mit Skistöcken: Finster spricht von „Stichen gegen den Kopf“ und „Lebensgefahr“. Er habe damit den Tod des Mannes in Kauf genommen, lautet der Vorwurf auf versuchten Mord.

Sechs Jagatees führten zu „Gedächtnislücken“

Anwalt Markus Kobler versucht auf die Geschworenen einzuwirken: „Diese Vorfälle stehen im eklatanten Widerspruch zum Charakter des Angeklagten.“ Und er spricht von einer „Wesensänderung durch Alkohol“, weil der Unternehmer eigentlich nie zum Alkohol greife. Außer an jenem Abend: „Mir hat der Jagatee geschmeckt“, erzählt er in einem Redeschwall.

Zitat Icon

Mein Mandant hat ein Entschuldigungsschreiben an alle Opfer geschrieben und schon Schmerzengeld gezahlt. Er bedauert es zutiefst.

Verteidiger Markus Kobler

Augenzeuge sprach von „grundlosen“ Attacken

Sechs will er davon getrunken haben, „Gedächtnislücken“ seien die Folge gewesen. „Ich wusste nicht, dass ich jemandem die Nase gebrochen habe.“ Auch an die Skistöcke kann er sich nicht erinnern, eigentlich an überhaupt nichts. „Sie haben laut der Anklage einen nach dem anderen verletzt. Es ging mit voller Wucht ins Gesicht. Ihre Darstellung ist fern vom Thema“, ortet die Richterin ein Verdrängen des Passierten und macht verbal Druck: Ohne Verletzungsvorsatz gäbe es nur die Möglichkeit nach Mordversuch oder Freispruch. „Welchen Vorsatz soll ich gehabt haben? Jemanden zu töten ist nicht mein Naturell“, wehrt sich der Ernährungsexperte. Nach einem Zehn-Minuten-Gespräch mit dem Anwalt bejaht er, dass es schon möglich sei, dass er eines der Opfer verletzten wollte. Nur das „Warum“ will er nicht ganz wissen, oder sich nicht erinnern. Auf einen banalen Grund weist ein Augenzeuge hin - damals Security: Der spricht von „grundlosen“ Attacken, „aus dem Nichts“.

Letztlich verneinten die Geschworenen einen versuchten Mord, Schuldsprüche setzte es jedoch wegen versuchter und wegen vollendeter schwerer Körperverletzung. Die Strafe: 18 Monate auf Bewährung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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