Wolfgang Leitner

Vom armen Arbeiterbub zum stillen Milliardär

Steiermark
31.07.2021 06:30

Wolfgang Leitner, einer der profiliertesten Wirtschafts-Manager, zieht sich zurück. Wie aus dem Sohn eines steirischen Schlossers einer der reichsten Österreicher wurde.

Wenn Wolfgang Leitner - randlose Brille, Stecktuch - durch die weitläufigen Fertigungshallen geht, dann ist er für seine Leute zwar „der Chef“, aber auch einer von ihnen. Sein technisches Verständnis ringt den Hacklern ebenso Respekt ab wie sein ehrliches Interesse für ihre Arbeit. „Wenn der Doktor Leitner mit uns redet, dann ist das immer ein Gespräch auf Augenhöhe“, erzählt ein langjähriger Mitarbeiter.

Dann spricht nicht einer der reichsten Österreicher zu den Ingenieuren und Schichtarbeitern, nicht der Ehrensenator der Technischen Universität Graz, sondern der Sohn eines einfachen Schlossers, der weiß, wie das Werkl läuft. Aufgesetzte Freundlichkeit, gespielte Höflichkeit, die kennt ein Mann seines Formats nicht; im Hause Leitner sagt man grundsätzlich bitte, danke, Grüß Gott und auf Wiedersehen.

Es ist wohl eines der Erfolgsgeheimnisse, die diesen Wolfgang Leitner zu einem der profiliertesten und erfolgreichsten Spitzenmanager unseres Landes gemacht haben. Vom armen Arbeiterbub zum Milliardär, das klingt fast kitschig, trifft auf den 1953 in Graz geborenen Paradeunternehmer aber zu.

Der „g’scheite Bua“ durfte studieren
Der Vater war Schlosser bei der Maschinenbaufirma Andritz; ehrliche Arbeit, 30 Jahre lang, zu einem Verdienst, das für die Versorgung der kleinen Familie gerade reichte. Teure Urlaube, schnelle Autos - Fehlanzeige. Die Söhne aufs Gymnasium zu schicken und später studieren zu lassen, glich einem finanziellen Kraftakt. Und doch gelang es den Eltern, die „blitzg’scheiten Buam“, wie die Lehrer urteilten, auf die Hochschule zu schicken. An der Grazer Universität studierte Wolfgang Leitner Chemie, wo er 1978 „sub auspiciis praesidentis“ promovierte.

Erste berufliche Stationen waren die Hoechst-Tochter Vianova, dann die Unternehmensberatung McKinsey&Company in München, für die er Mitte der 1980er-Jahre das kriselnde Werk in Andritz in Augenschein nahm. Die Maschinenfabrik, damals im Besitz der Creditanstalt, steckte zu diesem Zeitpunkt tief in den roten Zahlen, 1984 war der 1852 gegründete Betrieb de facto pleite. Der Staat, der den Verlust von 1500 Arbeitsplätzen verhindern wollte, sprang als Sanierer ein und drehte den Geldhahn auf. Nach dem Abbau von 700 Jobs standen die Steirer wieder gut da.

Einstige Pleitefirma ist heute Weltkonzern
Und Wolfgang Leitners Stunde hatte geschlagen: Nachdem er mit seinem Studienkollegen Martin Bartenstein zuvor die heutige Milliardenfirma Genericon gegründet hatte, heuerte er bei Andritz an. 1987 wurde er Finanzvorstand, 1994 Vorstandsvorsitzender. In dieser Zeit krempelte der Spitzenmanager das einstige Konkurs-Unternehmen völlig um: Das Produktportfolio wurde erweitert, das Marktumfeld internationaler - und Andritz zu einem der am schnellsten wachsenden Betriebe Österreichs. Heute zählt der börsenotierte Anlagenbauer, in vielen Segmenten Weltmarktführer, 27.000 Mitarbeiter. 

Von der Kraft der Familie
Eine Meisterleistung, die sich der scheidende Top-Manager mit Vorliebe für das Understatement auf seine Fahnen heften kann. Doch was hat ihn geerdet, den 68-jährigen Workaholic mit dem unnachahmlichen Gespür für den richtigen Zeitpunkt? „Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss seiner Familie“, wissen seine Mitarbeiter. „Ehefrau Cattina und die Kinder geben ihm Kraft.“ Jene Kraft, die sich Wolfgang Leitner für sein „zweites Leben“ nach 34 Jahren an der Spitze erhofft.

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