Schneller schuldenfrei

Neues Insolvenzrecht: Was sich genau ändert

Steiermark
29.07.2021 06:00

In nur drei statt in fünf Jahren die Schulden loswerden - das ist das Herzstück einer Novelle im Insolvenzrecht, die nun österreichweit gilt. Experte Franz Blantz sieht darin gute und schlechte Seiten.

Nicht nur eine, sondern gleich zwei Gesetze haben sich kürzlich im Insolvenzrecht geändert. Das eine betrifft das Exekutionsrecht. „Es wurde völlig neu aufgestellt“, erklärt Franz Blantz vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) in der Steiermark. Ist eine Firma zahlungsunfähig, werden nicht mehr (so wie jetzt) von den Gläubigern laufend Exekutoren geschickt, sondern es wird einmal festgestellt, dass ein Unternehmen oder eine Person zahlungsunfähig ist. „Das wird dann öffentlich gemacht. Im Prinzip ist das ein Schutz für die Schuldner, denn die Exekutionsverfahren ruhen dann.“ Dann kann ein Gläubiger (also die Institution, der man Geld schuldet) ein Konkursverfahren eröffnen. „So wird es recht schnell zu mehr Insolvenzen kommen. Das Justizministerium rechnet mit etwa tausend zusätzlichen Verfahren“, sagt Blantz.

Unternehmer bekommen schneller zweite Chance
Eine weitere Änderung ist, dass sich Personen im Privatkonkurs in drei statt in fünf Jahren von Schulden befreien können. Hier wird eine Richtlinie der EU umgesetzt.

Und das läuft so ab: Im Insolvenzverfahren bietet der Schuldner einen Zahlungsplan an. Wenn die Gläubiger diesen ablehnen, kommt es zum sogenannten Abschöpfungsverfahren. „Die Dauer dafür hat vorher fünf Jahre betragen, jetzt wird auf drei verkürzt.“ So lange muss der Schuldner jeden Cent, der über das Existenzminimum hinaus geht, zahlen. So sollen gescheiterte Unternehmer schneller eine zweite Chance bekommen.

Die Regelung gilt aber nicht für alle, wie Blantz erklärt. „Wenn ein Verbraucher nicht innerhalb von 30 Tagen reagiert und sich zum Beispiel an die Schuldnerberatung wendet, dann steht ihm die Verkürzung nicht zur Verfügung. Nur 25 Prozent der Abschöpfungsverfahren werden sich auf drei Jahre kürzen lassen.“

„Schlichtweg eine Katastrophe!“
Das Urteil des Experten über die Novellen fällt nicht gerade positiv aus. „Diese Regelung für den Privatkonkurs bei Verbrauchern halte ich schlichtweg für eine Katastrophe. Für die Gläubigerseite sind die Ausfälle sowieso hoch. Da reden wir von einer Milliarde Euro im Jahr alleine bei den Privatinsolvenzen.“

Das führe auch dazu, dass die Kreditvergaben strenger werden. Die Menschen kommen schwerer an Geld. „Wenn jemand in Karenz ist oder ein geringeres Einkommen hat, dann ist er schlecht besichert – das wird sicher zu noch restriktiveren Vergaben von Krediten führen.“

Wichtig wäre stattdessen eine Pflicht für Schuldner und Unternehmen gewesen, einen Konkursantrag zu stellen, meint Blantz. „Im Nachhinein ist es oft schon zu spät. Wesentlicher wäre, die Leute zu einer frühzeitigen Antragsstellung zu bewegen, um einen gemeinsamen Plan zu erarbeiten. Viele Unternehmen werden einfach so liquidiert, und dann bleibt nichts übrig.“

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