Theorie und Praxis

Junge Männer lernen Gefühl für die Mauer

Josef Bertsch (li.) ist Obmann des Vereins für Dorfgeschichte „Chronos“ und packte bei den Sanierungsarbeiten auch mit an.

(Bild: Andreas Fischer)

Jahrhunderte altes Mauerwerk in blutjungen Händen: Fünf Lehrlinge bekamen bei der Burgruine in Thaur die Chance, altes Handwerk von den Besten zu lernen.

„Stein ist nicht gleich Stein“, fasst Lucas (15) die Erkenntnisse der vergangenen Tage zusammen, als er das „Ausfugen“ mit dem Mörtel kurz unterbricht. Er ist der jüngste in der fünfköpfigen Lehrlingsgruppe, die zwei Tage bei der Burgruine in Thaur alte Mauern sanieren darf. Sie befinden sich alle beim Bauunternehmen Fröschl in Ausbildung, welches diese spezielle Weiterbildung in die Wege geleitet hat - kooperiert wird dabei mit der Innsbrucker Universität und der BAUAkademie Tirol.

Eine Portion Theorie und Praxis schon im Vorfeld
Bei der Arbeit schauen den jungen Männern Josef Bertsch und Franz Brunner vom Verein „Chronos“ über die Schulter, welche die Ruine seit 2003 sanieren und auch jetzt mitanpacken. „Sie lernen begierig die unterschiedlichen Techniken“, lobt Bertsch die Burschen.

(Bild: Andreas Fischer)

Diese wurden natürlich nicht einfach ins kalte Wasser geworfen. An der Uni bekamen sie zuerst eine eintägige Theorie-Einführung, der Arbeitsbereich für Materialtechnologie begleitet das Projekt auch wissenschaftlich. „Bei uns lernten sie das Steineklopfen und errichteten ihre erste Natursteinwand“, schildert Mario Erhard, Leiter der BAUAkademie Tirol. Sogar eine Führung durch die Haller Altstadt stand am Programm.

Am Donnerstag startete dann die Arbeit am kürzlich freigelegten „Burggrafenturm“ – zwei Tage Staub, Dreck, Mörtel und natürlich Steine. Beschwerden bleiben aber nicht nur wegen dem Traumwetter aus. „Das können glaube ich nicht so viele Lehrlinge mal probieren“, zeigt sich Gabriel (19) seiner Firma gegenüber dankbar.

Mit den Visagen der Steine bestens vertraut
Laut Brunner ist das Wichtigste, dass die Burschen ein Gefühl für historische Mauern bekommen. David (19) zeigt, dass das gelungen ist: „Der Stein muss eine glatte Fläche haben, die kommt nach vorne und ist das Gesicht. Hinten ist es besser, wenn er ein rustikaler ist, damit er sich im Mauerwerk verkeilt.“

Jahrhunderte sahen diese Gesichter kommen und gehen. Nun sind auch die Fröschl-Burschen Teil der Geschichte Thaurs, es ist vielleicht eine einmalige Chance – denn eine Fortsetzung des Projektes ist noch nicht in Stein gemeißelt.