Uni-Simulation

Mehr Corona-Tests, um Lockdown zu vermeiden

Salzburg
15.03.2021 19:00

Vor dem Hintergrund der rasanten Ausbreitung der ansteckenderen britischen Mutationsvariante ist das Corona-Infektionsgeschehen nur in den Griff zu bekommen, wenn sich die Menschen mit eiserner Disziplin an die Corona Regeln hielten und wenn in allen Betrieben häufig getestet würde. Das zeigt die neueste Simulation der Arbeitsgruppe desSalzburgerInformatikers Robert Elsässer. Wenn jedoch die Inzidenz-Zahlen und die Zahl der Covid-19-PatientInnen auf den Intensivstationen weiter steigen, ist nach den mathematischen Berechnungen ein harter Lockdown nahezu unvermeidlich. 

In Österreich ist die britische Coronavirus Mutation B.1.1.7 inzwischen die dominante Variante und sie breitet sich immer weiter aus. Robert Elsässer und mehrere Mitglieder seines Teams haben nun diese Virus-Variante mit einer erhöhten Infektiosität von 25 bis 50 Prozent ihrer neuesten Simulation zugrunde gelegt. „Im Anschluss an die Simulationen, die wir Anfang Jänner bezüglich des weichen Lockdowns noch ohne Berücksichtigung der britischen Variante durchgeführt haben, haben wir das Simulations-Framework nun so erweitert, dass wir auch den derzeit umgesetzten Lockdown simulieren können“, sagt Elsässer.

Die Simulationen wurden von Florian Lugstein erstellt.Die Informatiker konzentrierten sich auf die Übertragung der britischen Virus-Variante in Schulen, Familien und an Arbeitsplätzen. Um die unterschiedlichen Verbreitungsmuster zu erfassen, wurde eine Reihe von Parametern variiert, wie zum Beispiel das Ausmaß von Distance Learning, der Anteil von Homeoffice oder die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Person zuhause eine andere zuhause ansteckt.„Wenn man optimistische Szenarien zugrunde legt, dann könnten die Maßnahmen durchaus wirken, vorausgesetzt die Menschen halten sich mit eiserner Disziplin an die jetzigen Regeln. Mit wenig aufwendigen Nachschärfungen wie häufigem Testen in allen Betrieben könnte man im Moment noch die Situation in den Griff bekommen. Doch wenn die Zahlen in die Höhe schnellen und die Krankenhäuser an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, wird man einen neuerlichen harten Lockdown wahrscheinlich nicht mehr vermeiden können,“ so Robert Elsässer.

Bezüglich des Infektionsgeschehens in den Schulen zeichnen die Simulationen eine günstige Entwicklung. Die Forscher beobachten, dass insbesondere die wöchentlichen Tests in den Schulen eine nicht zu unterschätzende Wirkung haben. „Man erkennt, dass im Gegensatz zum weichen Lockdown im November innerhalb der Schulklassen meist keine Wellen gebildet werden, sondern die Weitergabe der Infektion relativ zügig unterbunden wird. Selbst wenn man lediglich von 50 Prozent Treffsicherheit in Bezug auf das Erkennen einer Infektion ausgeht, lassen sich dank dieser Tests längere Infektionsketten und Clusterbildungen in den Schulen gut unter Kontrolle bringen, vorausgesetzt man ist sehr konsequent bei der Umsetzung der Quarantänemaßnahmen“ sagt Elsässer.

In Betrieben führt jedoch die erhöhte Infektionswahrscheinlichkeit durch die britische Mutationsvariante zu einem vermehrten Infektionsgeschehen - gerade in den Büros, die von mehreren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geteilt werden. „Daher wären aus unserer Sicht in denjenigen Betrieben, in denen die Mitarbeiter keine Homeoffice-Möglichkeiten haben, wöchentlich mehrere Testungen notwendig, um die Ausbreitung der Infektion in den Griff zu bekommen,“ schlussfolgert Elsässer, fügt aber sogleich hinzu, dass er nicht beurteilen könne, ob eine solche Maßnahme wirtschaftlich und gesellschaftspolitisch umgesetzt werden kann. „Aber falls sich eine solche Maßnahme umsetzen ließe, könnte damit eine stetige Steigerung der Neuinfektionen wahrscheinlich verhindert werden.“

Für die Modellierung der Infektionswahrscheinlichkeit in Schulen griffen die Forscher auf die existierende Fachliteratur bezüglich der Übertragung von Covid-19 unter Kindern zurück. „Dabei mussten wir zwischen symptomatischen und asymptomatischen Fällen unterscheiden, da nach der von uns durchgearbeiteten facheinschlägigen Literatur asymptomatische Kinder in der Regel eine geringere Viruslast aufweisen. “ Auch über den Anteil der asymptomatischen versus symptomatischen Kinder gibt es mehrere Veröffentlichungen.„Die Übertragungswahrscheinlichkeit in den Familien wurde mit empirischen Werten abgeschätzt, die auf entsprechenden Statistiken beruhen.“Am Arbeitsplatz sind wir davon ausgegangen, dass Tröpfcheninfektion mit Hilfe geeigneter Maßnahmen wie Trennglas zwischen den Arbeitsplätzen verhindert wird. Wir haben ausschließlich die Übertragung der Krankheit durch Aerosole - mit einem Durchmesser von höchstens 5 Mikrometern - berücksichtigt. Zudem standen uns diesmal auch aktuelle Daten zu den Homeoffice-Zahlen in Österreich zur Verfügung."Auf einem guten Weg sieht Elsässer die Schulen mit den mehrmaligen Testungen pro Woche und dem Schichtbetrieb.

Vertreter unterschiedlicher Fachrichtungen - Kinderärzte, Mathematiker, Physiker - haben Anfang des Jahres gemeinsam ein Modell für eine sinnvolle Öffnung der Schule entwickelt, nach dem Motto besser Schule mit Maßnahmen als geschlossen. „Grundsätzlich denke ich, dass die Umsetzung der Empfehlungen aus dem Positionspapier um den Mathematiker Norbert J. Mauser und die Mediziner Thomas Müller und Daniela Karall offene Schulen auf Dauer ermöglichen würden. Eine regelmäßige Durchtestung großer Teile der Bevölkerung mittels PCR-Gurgeltests, wie in einer Studie des TU Wien-Spinn-offs dwh, des IMBA der ÖAW und des IMP vorgeschlagen, würde sich entsprechend sehr gut dazu eignen, das Infektionsgeschehen kontinuierlich zu überwachen und Wellenbildungen weitestgehend zu verhindern,“ resümiert Elsässer. 

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