Folgen von Corona

Tirol: „Pflegepersonal an Belastbarkeitsgrenze“

Tirol
12.11.2020 12:45

Das Pflegepersonal in Tirols Spitälern sei am Limit, hat Philip Wohlgemuth, Vorsitzender des Tiroler ÖGB am Donnerstag gewarnt. Noch sei die Situation zwar „machbar“, berichtete etwa der Pflegedirektor am Krankenhaus in Hall in Tirol, Stephan Palaver, doch man „stoße an die Grenzen der Belastbarkeit“. Zahlreiche Mehrbelastungen würden Zeit und Energie kosten, Stationen seien bereits geschlossen worden, um den Mehrbedarf zu decken.

„Die Beschäftigten im Pflegebereich sind an ihrem absoluten Limit angelangt und leisten seit Monaten teils Unmenschliches!“, zeigte sich Wohlgemuth alarmiert. Man hätte bereits vor Monaten reagieren und über den Sommer Konzepte erarbeiten müssen, denn, so Wohlgemuth, „es geht auch um die Gesundheit der Beschäftigten“. Eine weitere Ausbreitung des Virus in Pflegeheimen und Krankenhäusern wäre ihm zufolge „verheerend“.

„Platschnass aus Isolierzimmer“
Die größte „körperliche, anspannungstechnische Belastung“ ortete Pflegedirektor Palaver im intensivmedizinischen Bereich. „Das Pflegepersonal arbeitet in vier- bis fünfstündigen Schichten im Isolierzimmer. Während dieser wird weder gegessen noch getrunken, die Leute können auch die Toilette nicht aufsuchen“, schilderte er. „Die Kollegen kommen platschnass, vollkommen durchgeschwitzt und fertig von der Schicht, müssen dann aber auf der Normalstation weiterarbeiten“, erzählte er und sprach von einer „massiven Mehrbelastung“. Die Versorgung von Covid-Patienten sei zudem komplex und körperlich extrem anstrengend.

Stationen geschlossen
Das An- und Ausziehen der Schutzausrüstung - FFP2-Maske, Schutzbrille, Schutzanzug, doppelte Handschuhe - dauere „seine Zeit“ und verzögere den ganzen Prozess. Eine Personalverschiebung wurde nötig, am Krankenhaus Hall hätte man schon Stationen schließen müssen, um den Mehrbedarf zu decken, berichtete Palaver. Normalerweise stünden auf einer Station mit 30 Betten fünf bis sechs Pfleger untertags und zwei Personen nachts im Dienst, nun seien es acht bis neun tagsüber und drei bis vier im Nachtdienst.

Schwierige Arbeit auf der Psychiatrie
Hinzu kommen im Krankenhaus Hall spezielle Herausforderungen auf der Psychiatrie. Covid-Erkrankte mit psychischen Vorerkrankungen würden häufig keine Rücksicht nehmen und seien zudem manchmal „hochaggressiv“, berichtete Palaver. „Es kommt vor, dass Patienten unser Personal anspucken und Schutzmaßnahmen schlicht nicht einhalten“. Die Angst vor einer Ansteckung unter dem Personal sei vor allem in diesem Bereich groß, die Versorgung jener Patienten erfordere „viel Kraft und Personalressourcen“.

Sollten die Infiziertenzahlen weiter steigen, ortete Palaver ein „Risiko, die Gesundheitsversorgung nicht mehr auf diesem Niveau gewährleisten zu können“.

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