Ende der Kapazitäten

Bundesheer: „Wir haben kein Vertrauen in Politik“

Tirol
18.07.2020 16:00

Vor knapp einem Jahr wurde erstmals eine fast aufrichtige Debatte über den Zustand des Bundesheeres geführt. Die Parteien aller Couleurs bekannten sich damals dazu, die nötigen Schritte zu setzen, um das Heer wieder auf stabile Beine zu stellen. Das aktuelle Heeresbudget beträgt 2,546 Milliarden €, wird aber bis 2023 auf 2,45 Milliarden € hinuntergefahren. Das führt zu herber Kritik in Tirol.

Dramatisch stellt sich in Tirol die Situation für das Bundesheer dar. Die „Krone“ traf den Kommandanten der 6. Gebirgsbrigade, Brigadier Johann „Hans“ Gaiswinkler, am Kommandositz des Elite-Verbandes in Absam zum Gespräch. Der 59-jährige, äußerst erfahrene Heeresbergführer steht dieser in der Westhälfte Österreichs beheimateten und aus fünf Bataillonen bestehenden Brigade seit 2018 vor.

„Wir haben zwar wenig Mittel, aber wir haben starke Fähigkeiten und dazu den Willen, unsere Aufträge und Aufgaben zu erledigen. Das haben wir bisher eindrucksvoll bewiesen – mehr als es von der Bevölkerung wahrgenommen wurde“, meint Gaiswinkler einleitend.

„Derart schlimm war es bisher noch nie“
Eine Lanze bricht der General hier für seine Soldaten und Mitarbeiter, welche trotz der seit Jahren stattfindenden materiellen Aushöhlung des Systems mit ihrem persönlichen Engagement und „Herzblut“ die mannigfaltigen Aufgaben erfüllen und sich bisher von den äußeren Umständen nicht entmutigen ließen.

„Doch so schlimm wie sich die Situation derzeit darstellt, war es bisher noch nie“, meint der Offizier, „auf der einen Seite geht man ins Ausland und propagiert die Vorreiterrolle Österreichs im Gebirgs- und Winterkampf, auf der anderen Seite besteht die politische Absicht, die 6. Gebirgsbrigade und auch die anderen Brigaden aufzulösen, um daraus ein anderes, jedoch nur scheinbar billigeres Konstrukt zu schaffen.“

„Sicherheitspolitik geht einen absurden Weg“
Gaiswinkler kann aber den „Schwarzen Peter“ nicht der derzeit im Kreuzfeuer stehenden Verteidigungsministerin Klaudia Tanner zuspielen: „Was uns seitens Tanner kommuniziert wurde, klingt anders. Aber hinter ihr stehen meinem Eindruck nach Generalsekretär Dieter Kandlhofer und einige Berater, die Ministerin Tanner ins Feuer schickten.“

Der Brigadier spricht die geopolitische Situation an: „Rund um Europa brennt es und auch wir werden nicht davon verschont bleiben. Aber gewisse Kreise wollen für Österreich beim Thema Strukturen und Bewaffnung als europäisches Alleinstellungsmerkmal einen total absurden sicherheitspolitischen Weg gehen. Wir sind bei unserer Ausstattung und Bewaffnung am untersten Limit. Wenn uns jetzt noch mehr weggenommen wird, stellt man die Landesverteidigung noch mehr als in Frage. Ein Vertrauen in die Politik ist nicht mehr da.“

„In allen Bereichen stark eingeschränkt“
Dies sei nicht aus aktuellen Gegebenheiten so entstanden, dieser Prozess gestalte sich schon länger, da die jeweilige Administration die Soldaten auch in der Vergangenheit immer wieder verraten hat. „Dazu kommt noch ein heeresinternes Problem, das durch einen unglaublichen Zentralismus und eine überbordende Verwaltung entstanden ist und die Truppe außerhalb von Wien in allen Bereichen stark einschränkt.“

Hubert Berger, Kronen Zeitung

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