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Martin Grubinger: Wie weit sind wir gekommen?

Salzburg
07.06.2020 06:00

Berndt Querfeld hat es gewagt. Der Wiener Kaffeehausbesitzer, in der Vergangenheit Sprecher seiner Berufszunft und ÖVP-Kandidat zur letzten Gemeinderatswahl in der Bundeshauptstadt, hat unlängst ausgesprochen, was viele von uns in den verschiedensten Branchen unseres Wirtschaftslebens längst spüren. Querfeld meinte dazu in einem „Standard“-Interview: „Die Hilfspakete sind zerplatzte Luftballons. Mein Eindruck ist, die Politik weiß nun nicht, wie sie da aufrechten Hauptes wieder rauskommt.“

Mehr hat es nicht gebraucht. Kaum war das Interview erschienen, fanden die Hilfs-Ansuchen von Querfelds Gastbetrieben prompt ihren Weg an die Öffentlichkeit. Samt Summen. Dass allerdings ausbezahltes Kurzarbeitergeld keine Hilfe für das Unternehmen an sich ist, sondern die Unterstützung an die Mitarbeiter weitergereicht wird und der Unternehmer somit die Aufgabe des AMS im Falle von Arbeitslosigkeit übernimmt, ließ man dabei geflissentlich unter den Tisch fallen. Der aus diesen Vorgängen entstandene Eindruck ist klar: Es ging wohl um eine unmissverständliche Botschaft an alle Unternehmer dieses Landes: Wer es wagt, Kritik zu üben, muss jetzt offenbar damit rechnen, dass Internas aus seiner Firma der Öffentlichkeit preisgegeben werden.

Da bin ich noch einmal um ein Haar davongekommen. Denn dieses Thema, eventuell den Fixkostenzuschuss in Anspruch zu nehmen, hatten wir vor einigen Monaten auch für unseren kleinen Betrieb diskutiert. Als die Regierung die ersten Hilfspakete auflegte, sprachen wir darüber, ob es sinnvoll wäre, einen Antrag zu stellen. Doch ich wollte vermeiden, in irgendeine Abhängigkeit zu geraten. Die Hilfen wären ein minimaler Betrag gewesen. Und trotzdem ist es für kritische Geister wohl empfehlenswert, vermeidbaren Abhängigkeiten besser aus dem Weg zu gehen. Aber wie weit sind wir denn gekommen?

An die Grenze zur Wut komme ich, wenn man das größere Bild in dieser Sache betrachtet. Wir werden da teilweise von Leuten regiert, von denen die Hauptdarsteller ihre Karriere ausschließlich auf öffentlichen Geldern, unseren Steuergeldern, aufgebaut haben. Schon in jungen Jahren in den politischen Akademien quasi aufgewachsen, wurde kein Cent Eigenkapital in die Entwicklung investiert. Es war immer nur Parteigeld oder Steuergeld. Wann haben diese Herren bei ihrem Weg auf den politischen Karriereleitern jemals mit eigenem Geld ein Risiko auf sich genommen? Eine Investition mit eigenem Geld getätigt? Mit Haus und Hof gebürgt und Kopf und Kragen riskiert, im festen Glauben, das eigene kleine Unternehmen über Wasser zu halten? Und nun geht man her und stellt indirekt den Unternehmern, die mit ihrem gesamten Hab und Gut geradestehen müssen, die Rute ins Fenster. Sicher, es nicht nur schwarz oder weiß, es gibt auch Dinge, die funktionieren.

Aber mein Respekt gilt allen Unternehmerinnen und Unternehmern, die alles versuchen, in dieser Krise ihre Betriebe und damit auch die Existenz ihrer Mitarbeiter zu sichern. Bitte lassen sie sich nicht mundtot machen! Nur mit einer anständigen Debattenkultur können sich die Dinge bessern! Als interessierter Beobachter sieht man sich nun um und hält Ausschau nach durchdachten Konzepten, wie die Dinge wieder in Gang zu bringen sind. Da wäre die Opposition gefragt. Die NEOS kämpfen wacker im Rahmen ihrer parlamentarisch überschaubaren Möglichkeiten. Die SPÖ aber bringt bis heute keine PS auf die politische Straße. Kein Grund zur Sorge also am Ballhausplatz?

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