Finanzskandal

Der Korruptionsjäger klagt nur Rathgeber an

Salzburg
17.01.2020 07:00
Sieben Jahre ermittelte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Jetzt ist die letzte Anklage zum Finanzskandal erhoben worden: Monika Rathgeber ist wieder wegen Untreue angeklagt – als Einzige. Es geht um 100 Derivat-Geschäfte und 35 Millionen Euro.

Die frühere Budget-Referatsleiterin des Landes und einst hoch angesehene Finanz-Koryphäe Monika Rathgeber wird sich zum vierten Mal einer Anklage im Landesgericht Salzburg stellen müssen. Diesmal geht es ums Ganze: den Hauptvorwurf des Salzburger Finanzskandals. Auf mehr als 90 Anklage-Seiten erhebt Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic von der Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WkStA) erneut den Vorwurf der Untreue: Laut dem Korruptionsjäger hat die Innviertlerin durch 100 Finanz-Geschäfte – also hochspekulative und komplexe Zinstausch- und Derivate-Geschäfte – dem Land zwischen 2009 und 2012 einen Schaden von 35 Millionen Euro angerichtet.

Trotz einer „ausdrücklichen Verbotsweisung“, wie die Anklagebehörde erklärt. Genau diese Weisung hat Rathgebers damaliger Chef, der Ex-Finanzabteilungsleiter Eduard Paulus, ihr erteilt. Deswegen stellte die Behörde die Ermittlungen gegen Paulus ein. Und auch gegen einen weiteren Mitarbeiter, weil der Beamte einzelne Finanzgeschäfte von Rathgeber seinem Vorgesetzten meldete. Ergo: Beiden war kein Schädigungsvorsatz nachzuweisen. Deswegen wird nur Rathgeber vor dem Richter sitzen. Weitere Vorwürfe der Urkundenunterdrückung konnten die Korruptionsjäger ihr nicht nachweisen. Deshalb geht es rein um Untreu nach Paragraf 153 StGB. Strafrahmen: 1 bis 10 Jahre Haft.

Adamovic bringt nur die Ex-Beamtin vors Gericht
Mit der vierten Anklageerhebung in der Causa hat die WkStA ihre Ermittlungsarbeit nach sieben Jahren großteils beendet. „Tausende Finanzgeschäfte des Landes über einen Zeitraum von zehn Jahren“ wurden mit Wirtschafts- und IT-Experten unter die Lupe genommen. 50 Umzugskartons voll mit sichergestellten Dokumenten, mehrere Terabyte (1 Terabyte sind 1000 Gigabyte) an elektronischen Daten und tausende Mails haben die Korruptionsjäger geprüft. Bilanz: Vier Anklagen und sieben rechtskräftige Verurteilungen – jene von Rathgeber werden von der Justiz zusammengefasst.

Doch in einem kleinen Teilaspekt laufen noch Ermittlungen gegen Ex-Stadtchef Heinz Schaden und zwei Magistratsmitarbeitern, wie Sprecherin Elisabeth Täubl ergänzt: „Es geht hierbei um eine Versicherungsklausel hinsichtlich der von der Stadt bezahlten Anwaltskosten zum Swap-Prozess mit einem Schaden von rund 10.000 Euro zum Nachteil der Stadt.“

Land erwägt sich als Opfer anzuschließen
Eine Frage drängt sich aber – vor allem nach der Verurteilung zweier Ex-Politiker in dem Swap-Teilaspekt – auf: Warum findet sich kein früherer Landespolitiker in der neuen Anklage? „Eine strafrechtliche Relevanz ist geprüft worden. Dabei hat sich jedoch kein Anfangsverdacht ergeben“, erklärt Täubl. Deshalb wird nur Rathgeber, die mit 19 Jahren in den Landesdienst trat und schon mit 29 zur Referatsleiterin wurde, alleine vor einem Schöffensenat sitzen. Dreimal hat sie das durchgemacht, in allen Fällen endeten die Prozesse mit einem Schuldspruch. Jedesmal gestand sie die Vorwürfe auch großteils ein. Jetzt wieder?

Unklar. Rathgebers Verteidiger Herbert Hübel bat im „Krone“-Gespräch noch um Zeit, die Anklage durch zu prüfen. Danach dürfte es eine Stellungnahme geben. Das Land hingegen wird sich dem Gerichtsverfahren aller Voraussicht nach als Privatbeteiligter anschließen. Sozusagen als Opfer könnte Schadenersatz gefordert werden: „Die endgültige Entscheidung fällt aber erst, sobald wir mit unseren Experten die Möglichkeiten geprüft haben“, richtet Landes-Vize Christian Stöckl (VP) aus. „Mehr als 99 Prozent der hochspekulativen Papiere sind weg“, unterstreicht der Finanzreferent.

Stand heute beträgt der durch den Skandal angerichtete Schaden: 442 Millionen Euro!

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