Die Kostenexplosion beim Ausbau des Flughafen Wien von ursprünglich 400 auf fast 900 Millionen Euro erhitzt seit dem vergangenen Jahr die Gemüter. Im Juni 2009 wurde der Bau vorübergehend bis Februar 2010 gestoppt, Verträge mit über hundert Firmen neu verhandelt. Die Inbetriebnahme ist aktuell für Anfang 2012 - statt ursprünglich Mitte 2008 - vorgesehen.
Als der Skandal bekannt wurde, gingen zahlreiche Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft ein. Neben den Untersuchungen bezüglich Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Aufträgen und der Verschleierung von Kosten, begutachteten Sachverständige des Wiener Zivilingenieur-Büros Mattias Rant im Zuge einer gerichtlichen Beweissicherung auch die bisherigen Bauarbeiten. Diese Untersuchung hat die Flughafen Wien AG selbst beantragt.
Mängel: Von der Glasfront bis zum Brandmelder
Aus dem ersten von vier Teilen der Beweissicherung zitierte am Donnerstag in einem Vorab-Bericht das Magazin "Format" unter Berufung auf Flughafen-Insider, denen die Unterlagen angeblich schon inoffiziell vorliegen. 140.000 Fotos und 110 Stunden Videomaterial sollen die baulichen Gutachten umfassen. Demzufolge wurden von Rants Büro insgesamt 3.000 bauliche Mängel entdeckt, 500 davon mittel bis schwer. Einige der Mängel hätten sogar lebensgefährliche Folgen haben können, heißt es. Unter anderem seien die Glasfronten der Terminal-Fassade teilweise nur fünf Millimeter tief in die Profile eingelassen worden statt wie vorgeschrieben 18 Millimeter tief. Sie hätten dadurch bei höherer Belastung herausfallen können.
Auch Teile der Decke seien als lebensbedrohlich eingestuft worden, weil in die für die Tragfähigkeit installierten Edelstahlelemente "oftmals gleich mehrere Löcher" gebohrt worden seien. Zu den weiteren Problemen gehören demnach falsch angeschlossene Wasser- und Luftleitungen. Es müssten Luftschächte neu verlegt und das gesamte Aircondition-System überholt werden. Brandmelder und Sprinkler seien häufig nicht vorschriftsgemäß angebracht. Laut "Format" wurde an dem Terminal mit 51 Flugsteigen auf Basis von rund 10.000 verschiedenen Plänen gebaut.
Flughagen: "Bei jeder Baustelle gibt es Mängel"
Das Zivilingenieurbüro Rant wollte die angeblichen Mängel gegenüber krone.at am Donnerstag mit Verweis auf die Sachverständigenrolle nicht kommentieren. Vonseiten der Flughafen Wien AG hieß es am Donnerstag, dass dem Aufsichtstrat noch keine Ergebnisse der gerichtlichen Beweissicherung vorliegen würden.
Die Überwachung der Qualität der Bauarbeiten obliege bei Skylink "wie bei jedem Bauprojekt der örtlichen Bauaufsicht, die im gegenständlichen Fall extern vergeben ist". Ob sich daraus Schadenersatzforderungen gegenüber Dritten ergeben, werde derzeit geprüft, heißt es in der Aussendung der Flughafen Wien AG.
Darüberhinaus sei festzuhalten, dass es bei jeder noch nicht fertiggestellten Baustelle Mängel gebe, die bis Projektende zu beheben seien. Vor Inbetriebnahme des Terminals sei ohnehin eine behördliche Betriebsgenehmigung einzuholen, bei der allenfalls verbleibende schwerwiegende Mängel zu einer Nicht-Genehmigung der Betriebsaufnahme führen würden. Somit wäre eine Gefährdung von Passagieren zu keinem Zeitpunkt gegeben.
RH-Bericht folgt in sechs bis acht Wochen
Die Beweissicherung durch das Zivilingenieurbüro ist nur ein Teil der Aufklärungsmaßnahmen nach dem Finanzdebakel. Noch vor dem Sommer soll dem Vernehmen nach der Rechnungshofbericht zu Skylink vorliegen. Im RH-Team befinden sich ebenfalls Spezialisten für Hoch- und Tiefbau sowie Juristen und Wirtschaftsprüfer.
Damit der RH prüfen darf, war Ende letzten Jahres eigens eine Verfassungsänderung notwendig geworden. War zuvor laut Gesetz eine Prüfung nur dann möglich, wenn die öffentliche Hand mehr als 50 Prozent an einem Unternehmen hält, darf der RH nun auch tätig werden, wenn ein Unternehmen "durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen tatsächlich beherrscht wird". Die Länder Wien und Niederösterreich halten zusammen 40 Prozent an der Flughafen Wien AG.
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