Innsbruck

Zentrallabor: Hier ist Kommissar DNA zu Hause!

Tirol
02.08.2018 09:53

Das Zentrallabor der Österreichischen DNA-Datenbank befindet sich an der Medizinischen Universität Innsbruck - und zwar am Institut für Gerichtliche Medizin. Der „Krone“ gewährten Experten und Forscher einen einzigartigen Blick in ihre akribische Arbeit.

Das Prinzip ist einfach: Es gibt österreichweit jene teils bestialischen Gewaltverbrechen, die im Handumdrehen von den Ermittlern geklärt werden. Es gibt aber auch jene, die jahrelang mysteriös bleiben - im schlimmsten Fall überhaupt nie aufgeklärt werden. Einen wesentlichen Beitrag im Zuge der Aufklärungsarbeit leisten die Mitarbeiter der Gerichtsmedizin Innsbruck, die alle Spuren von Kriminalermittlern aus Österreich und teils sogar Europa erhalten, um sie zu analysieren - und dabei oft wahre Wunder leisten.

In Tirol etwa brachte jüngst im Mordfall Fritzens ein einziger DNA-Treffer Licht ins Dunkel. Doch wie gelingt den Gerichtsmedizinern und Biologen am Institut eine solche Meisterleistung? Und wie werden sie überhaupt in die Polizeiarbeit miteinbezogen?

Teile der DNA werden millionenfach vermehrt
„Die Spurensicherung am Tatort erfolgt durch speziell ausgebildete Beamte der Polizei. Die Gegenstände oder Abriebe davon werden uns dann zugestellt“, erklärt Prof. Richard Scheithauer, Direktor des Gerichtsmedizinischen Instituts. Die Proben sind exakt dokumentiert und einzeln verpackt, zusammen mit einem Anschreiben zu den Umständen. Personalien sind dabei keine vorhanden.

„Wenn im Labor die Proben geöffnet werden, tragen die Mitarbeiter Schutzkleidung. Die Spuren müssen vor uns geschützt werden und nicht umgekehrt“, klärt der Professor auf. Bei der Bearbeitung wird die DNA herausgelöst und winzigste Abschnitte von ihr millionenfach vermehrt. „Am Ende ist nach menschlichem Ermessen noch immer sehr wenig vorhanden, aber die Analysegeräte können damit arbeiten“, weiß Scheithauer.

Ergebnis als Zahlencode an das Innenministerium
Das Ergebnis besteht in einem farbigen Ausdruck mit scharfen Spitzen. „Diese Signale werden in einen Zahlencode verwandelt, den wir an die Datenbank im Innenministerium schicken“, sagt der Direktor und ergänzt: „Früher hat man gesagt, wir untersuchen genetischen Müll, weil wir nur Eigenschaften analysieren, die nicht am Bau unseres Körpers beteiligt sind und die nichts über Krankheiten oder Neigungen aussagen. Nur gerade diese speziellen Eigenschaften sind in der Spur und beim Spurenleger identisch und können miteinander verglichen werden.“ Die DNA-Datenbank in Österreich enthält mittlerweile weit über 200.000 Vergleichsproben und Spuren aus ungeklärten Fällen.

Und wie realitätsnah „arbeiten“ die Schauspieler in den Kriminal-TV-Serien wie „CSI Miami“ und Co.? „Die Ergebnisse gleichen grundsätzlich schon den unseren. In Wirklichkeit aber ist der Erfolg nicht durch eine Einzelperson, sondern nur durch Teamwork möglich - nämlich durch qualifizierte Tatortarbeit und Experten in speziell eingerichteten Labors“, verdeutlicht Scheithauer.

Bahnbrechende Forschung
Prof. Richard Scheithauer spricht mit der „Krone“ über den idealen Spurenträger, die Analysemethoden und das vielversprechende EU-Forschungsprojekt „Visage“.

Wie sieht der ideale Spurenträger für die aufwendige Analyse im Labor aus?
Wenn sich ein Täter seinen Mund abwischt und danach etwas berührt, dann ist das optimal. Er hat dadurch eine Unzahl vom Körper abgestoßene Zellen auf dem Spurenträger hinterlassen.

Sind auch Haare brauchbar und gut geeignet?
Wenn ein Haar von selbst ausfällt, ist es biologisch abgebaut und die DNA im Haarschaft weitgehend zerstört. Besser geeignet sind daher ausgerissene Haare.

Wie haben sich die Analysemethoden im Laufe der Jahrzehnte verändert?
Die Ergebnisse der frühen DNA-Analysen aus den 90er-Jahren können mit heutigen Ergebnissen verglichen werden. So sind Treffer auch nach Jahrzehnten möglich. Der Fortschritt liegt darin, dass wir immer geringere Spurenmengen und auch Spuren in einem schlechten Zustand analysieren können.

Unvollständige Ergebnisse verunsichern viele Laien und schüren Zweifel. Ist diese Einstellung gerechtfertigt?
Nein. Auch wenn wir ein unvollständiges DNA-Profil haben, können wir garantieren, dass es korrekt ist. Was nicht analysiert werden konnte, hat zu keinem, aber keinesfalls zu einem falschen Ergebnis geführt. Bei einem Treffer in der Datenbank ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Spur von dieser Person stammt, geringer als bei einem vollen Profi. Aber ein DNA-Treffer ist immer der Anfang der Polizeiarbeit und nicht das Ende. Und die wird dadurch zielgerichtet und auch kostengünstig.

Kann man die Arbeit im Labor noch verbessern?
Die Forschung steht nie still - auch dank neuer Technologien. Wir sind führend am derzeit größten einschlägigen EU-Projekt „Visage“ beteiligt. Wir arbeiten daran, dass man in Zukunft durch die DNA-Analyse auch über das äußere Erscheinungsbild Aussagen machen kann. Das betrifft etwa die Augen- und Haarfarbe, das biologische Alter und die genetische Herkunft einer Person. Das Projekt läuft noch zwei Jahre.

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