Kremser Todesschuss

Gutachten belasten Polizist – Schuss aus zwei Metern

Niederösterreich
07.10.2009 18:18
Neue Wende im Fall Krems: Die Gutachten belasten jenen Polizisten, der am 5. August im Merkur-Markt den tödlichen Schuss auf einen 14-jährigen mutmaßlichen Einbrecher abgegeben hat, schwer. Demnach wurde der Jugendliche definitiv auf der Flucht erschossen, die Entfernung betrug nur 1,8 bis 2 Meter. Die Aussagen des Polizisten zu den Lichtverhältnissen am Tatort sowie zur Position bei der Schussabgabe stimmen nicht mit den Ergebnissen der Gutachten überein.

Mit den Erkenntnissen des Gerichtsmediziners Christian Reiter, des Ballistikers Ingo Wieser und des Chemikers Reinhard Binder dürfte es dem Polizisten schwer fallen, die von ihm beschriebene Notwehrsituation aufrechtzuerhalten. Sollte die Staatsanwaltschaft Korneuburg gegen ihn Anklage erheben, könnte weit mehr als die bisher im Raum stehende fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen herauskommen.

Der Polizist hatte bei der gerichtlich angeordneten Tatrekonstruktion angegeben, der 14-Jährige und dessen damals 16 Jahre alter Komplize wären im Begriff gewesen, mit einer Gartenharke bzw. einem Schraubenzieher auf ihn und seine Kollegin loszugehen. Um sich zu verteidigen, habe man daher von den Dienstwaffen Gebrauch gemacht.

Polizist angeblich von Geräusch abgelenkt
Dabei will sich der Beamte hingekniet und auf den ihn zukommenden 14-Jährigen gezielt haben. Unmittelbar vor der Schussabgabe habe er allerdings ein Geräusch gehört, sich kurz zur Seite gedreht, und als er sich wieder in Richtung des Burschen umwandte, habe er abgedrückt. Erst zu diesem Zeitpunkt habe er erkannt, dass der Jugendliche ihm mittlerweile den Rücken zukehrte.

Diese Darstellung stimmt nicht mit den Erkenntnissen der Sachverständigen überein. Laut Gutachten hat der Polizist den Schuss im Stehen abgegeben. Fest dürfte auch stehen, dass die Beleuchtungsverhältnisse in jenem Raum, in dem es zur Konfrontation kam, nicht so schlecht waren, dass die Beamten gar nichts mehr erkennen konnten.

Notwehr oder Vorsatz?
Jetzt muss die Anklagebehörde beurteilen, ob der Polizist in Lebensgefahr war, als er sich mit einer gezückten Pistole in rund zwei Meter Entfernung einem mutmaßlichen Einbrecher gegenübersah und abdrückte. Sollte die Staatsanwaltschaft Notwehr ausschließen, könnte dieser wegen eines Vorsatzdelikts vor Gericht gestellt werden.

Auf Basis der vorliegenden Gutachten wäre im Fall einer Anklageerhebung auch ein Verfahren wegen schwerer Körperverletzung mit tödlichen Ausgang (Strafrahmen: ein bis zehn Jahre) oder absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Todesfolge (fünf bis zehn Jahre) vorstellbar.

Demgegenüber wurden die bisherigen Aussagen der Polizistin, die auf den damals 16-Jährigen gefeuert hatte und diesem mit einem Projektil beide Oberschenkel durchschoss, vollinhaltlich von den Gutachtern bestätigt. Zwischen ihren Angaben und den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Sachverständigen soll es keine Widersprüche geben.

Der Todesschuss von Krems
Am 5. August hatten zwei Polizeibeamte - ein Mann und eine Frau - nach Auslösung des stillen Alarms im Merkur-Markt in Krems-Lerchenfeld auf zwei mutmaßliche Einbrecher geschossen. Ein 14-Jähriger wurde dabei tödlich in den Rücken getroffen, ein damals 16-Jähriger erlitt Oberschenkeldurchschüsse.

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