Schwunghafter Handel

Aufregung um falsche Pässe für Asylwerber

Österreich
28.01.2017 17:00

In Berlin ermordete Terrorist Anis Amri im vergangenen Dezember zwölf Menschen. Als der Asylwerber aus Tunesien später in Mailand erschossen wurde, kam heraus, dass der Attentäter mit 14 Alias-Namen und entsprechend falschen Dokumenten sein Unwesen trieb. Auch bei uns in Österreich sollen Tausende Asylwerber mit getürkten Papieren unterwegs sein. So werden Sozialleistungen ergaunert oder nach Straftaten neue Identitäten angenommen. In Deutschland ermittelt sogar der Generalstaatsanwalt gegen die syrische Botschaft in Berlin - weil diese gegen "Extragebühr" Pässe ausgestellt haben soll.

Falsche Reisepässe, Geburtsurkunden - kein Problem, im Internet gibt's fast alles. "Für alle Brüder im Ausland! Wir bieten Dokumente günstig an. Anruf genügt", ist etwa auf einer Facebook-Seite zu lesen. Dazu das Angebot:

  • Reisepass um 100 Dollar
  • Geburtsurkunde (Ausstellungsort: Aleppo) 75 Türkische Lira (19 Euro)
  • Schulzeugnisse 150 Türkische Lira (38 Euro)
  • Heiratsurkunde 75 Türkische Lira (19 Euro)
  • Ein Universitäts-Diplom um 200 US-Dollar

​Ein Informant aus hohen Polizeikreisen, dem wir Anonymität zusichern mussten, zur "Krone": "Allerdings sind das meist schlechte Fälschungen. Nur, wenn wir einen Flüchtling mit nachweislich falschen Dokumenten verfolgen wollen, dann gibt's gleich heftiges Wutgeheul von verschiedenen Organisationen."

Original-Pass gibt es schon um 2000 Dollar
Teurer wird es dann bei "Original"-Dokumenten, denn die gibt es auch zuhauf, so der Informant. Korrupte Beamte in Syrien und im Irak verkaufen den Fälscherbanden für 2000 US-Dollar Originalpässe, die diese dann für ihre Kunden entsprechend "anpassen". So werden aus Tunesiern oder Marokkanern plötzlich "Flüchtlinge" aus dem zerbombten Aleppo in Syrien. "Da sind wir als Exekutive chancenlos", so der Insider zur "Krone".

Neue Alias-Namen nach Straftaten kein Problem
Problematisch auch die meist von Tschetschenen gefälschten Führerscheine, die massenhaft im Umlauf sein sollen. Und sehr beliebt: Namensänderungen nach Straftaten. "Da wird dann plötzlich aus dem Mucharbek R. ein Havis K. mit blütenweißem Leumund", so der Informant weiter. Und die Behörden? Vor allem bei falschen Altersangaben können diese meist nichts machen. Der medizinische Nachweis des tatsächlichen Alters (über Zähne oder Röntgen) sei zu teuer.

Einen kleinen Erfolg hat es aber unlängst doch gegeben. In Salzburg wurden drei Afghanen wegen Sozialbetrug verurteilt. Durch falsche Angaben - sie versicherten, minderjährig zu sein - erschlich sich das Trio knapp 150.000 Euro Krankenversicherung, Grundversorgung, Betreuung und Taschengeld. Das milde Urteil: bedingte Haftstrafen zwischen fünf und sechs Monaten.

Vermeintlich Zehnjähriger hatte einen Vollbart
Ein anderes Beispiel aus Graz: In eine Lungenarztpraxis kamen jüngst zwei geschätzt 25-jährige Tschetschenen. Diagnose: offene TBC - sofortige Überweisung ins Landeskrankenhaus. Laut Dokumenten waren die Tschetschenen aber erst 17 - und 17-Jährige müssen bekanntlich an die Kinderklinik überwiesen werden.

Fast zum Lachen, wenn's im Endeffekt nicht so traurig wäre, der Fall des syrischen "Volksschülers" Mechmed, der laut seiner Geburtsurkunde zehn Jahre alt ist und der mit einem stattlichen Vollbart in der 4. Klasse der Volksschule einer steirischen Gemeinde saß. Erst nach Protesten des Elternvereins wurde der junge Mann in die nächste Hauptschule versetzt.

Reisepässe in syrischer Botschaft verkauft?
Aufregung um Reisepässe herrschte indes auch in Deutschland. Flüchtlingen ohne Papiere sollen gegen Schmiergeld in der syrischen Botschaft einfach Pässe ausgestellt worden sein. Der Generalbundesanwalt ermittelt. Konkreter Vorwurf: Für eine "Extragebühr" von 150 Euro (normaler Kostenpunkt 380 Euro) hätten echte Dokumente gekauft werden können.

Syrische Pässe sind bei Einwanderern ohne Ausweise besonders beliebt, weil sie die Chance erhöhen, als Kriegsflüchtling anerkannt zu werden. Während des unkontrollierten Massenansturms seien, so die deutschen Behörden, bis zu 80 Prozent der Flüchtlinge nicht im Besitz eines gültigen Passes gewesen.

Gerhard Felbinger und Christoph Budin, Kronen Zeitung

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