BZÖ-Chef angeklagt

Prozess gegen Westenthaler wegen Falschaussage

Österreich
01.04.2008 18:05
BZÖ-Obmann Peter Westenthaler wird sich wegen falscher Zeugenaussage vor Gericht verantworten müssen. Der entsprechende Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Wien ist vom Justizministerium genehmigt worden, gab am Dienstag Behördensprecher Gerhard Jarosch bekannt. "Der Strafantrag wird Westenthaler in den nächsten Tagen zugestellt", kündigte Jarosch an. Damit ist davon auszugehen, dass der Prozess gegen den BZÖ-Chef noch im Frühjahr über die Bühne gehen kann.

Westenthaler hat sich das Strafverfahren, in dem ihm nun im Falle eines Schuldspruchs bis zu drei Jahre Haft drohen, mit seinem Zeugenauftritt im Prozess gegen seinen früheren Leibwächter Siegfried Kobal eingebrockt. Der Bodyguard wurde im März 2007 in der sogenannten "Prügelaffäre" im Wiener Landesgericht zu vier Monaten bedingter Haft verurteilt, weil er den früheren Sprecher von Ex-Justizministerin Karin Gastinger, Christoph Pöchinger, unsanft aus einem Lokal befördert hatte.

Im Unterschied zu zahlreichen anderen Augenzeugen, die sich mehr oder weniger deutlich an einen Tumult oder zumindest an eine lebhafte Diskussion zwischen Westenthaler und Pöchinger rund um den Parteiaustritt von Gastinger erinnern konnten, für den der BZÖ-Chef offenbar ihren Sprecher mitverantwortlich machte, hatte Westenthaler unter Wahrheitspflicht zu Protokoll gegeben, ihm sei "nichts aufgefallen von Tumulten, Schlägereien". Er habe "einen sehr, sehr fröhlichen Abend verbracht".

"Zeugen, die relativ dumm daherlügen"
Bereits unmittelbar nach diesen Angaben hatte der Staatsanwalt rechtliche Schritte angekündigt: "Wie es bei Wirtshausraufereien so üblich ist, gibt es Zeugen, die relativ dumm daherlügen. Die werden noch von der Staatsanwaltschaft hören."

Keine Anstiftung zur Körperverletzung
Der Strafantrag gegen Peter Westenthaler bezieht sich ausschließlich auf seine angebliche Falschaussage im Prozess gegen seinen früheren Leibwächter. Die zuletzt publizierten Behauptungen des Bodyguards, der BZÖ-Obmann habe ihn dezidiert dazu aufgefordert, den früheren Sprecher von Ex-Justizministerin Karin Gastinger aus dem Lokal zu werfen, wurden nicht aufgegriffen und zur Anklage gebracht. Westenthaler wird sich daher nicht wegen Anstiftung zur Nötigung und Körperverletzung zu verantworten haben.

Der BZÖ-Chef wird sich die Anklagebank mit Parteisprecher Lukas Brucker teilen, den Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter ebenfalls der falschen Zeugenaussage bezichtigt. Brucker hatte im Verfahren gegen Westenthalers Bodyguard in Bezug auf die Prügel-Szenen behauptet, die Stimmung im Lokal wäre "sehr positiv" gewesen. Die Frage nach einem Tumult oder einer Meinungsverschiedenheit hatte Brucker folgendermaßen beantwortet: "Ich habe nichts mitbekommen und schließe das aus, weil es zu keinerlei Handgreiflichkeiten und gewalttätigen Szenen gekommen ist."

Westenthaler fühlt sich verfolgt
BZÖ-Chef Westenthaler fühlt sich durch die Anklage wegen falscher Zeugenaussage verfolgt und attackiert das Justizministerium. Beweisanträge seien nicht behandelt, Zeugen nicht einvernommen worden, so die Vorwürfe, die Generalsekretär Gerald Grosz bei einer Pressekonferenz am Dienstag erhob. Ein weiterer schwerwiegender Vorwurf: Das Justizministerium habe ein Verfahren gegen den Lebensgefährten von Justizministerin Maria Berger (SPÖ) niedergeschlagen. Die Staatsanwaltschaft bestätigte zwar ein derartiges Verfahren, das Ministerium habe mit der Einstellung allerdings nichts zu tun.

Verfahren gegen Lebensgefährten von Berger vertuscht?
Konkret ging es bei Bergers Lebensgefährten um eine Anzeige wegen des Verdachts der Urkundenfälschung im Zuge eines Rosenkrieges. "Wir haben das ganz normal geprüft", so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen seien wie andere auch wieder eingestellt worden, denn: "Ein großer Teil dieser Verfahren wird eingestellt." Und auch im Justizministerium heißt es, dort sei nie etwas gelandet, geschweige denn niedergeschlagen worden. Ein Sprecher Bergers wies die Anschuldigungen des BZÖ "aufs Schärfste zurück".

"Ich gehe zu dem Prozess, ich werde mich stellen", versicherte Westenthaler zur Prügelaffäre. Er bleibt dabei: "Ich bin völlig schuldlos, ich habe nichts getan. Was hier stattfindet, ist ein Politprozess." Die Staatsanwaltschaft werde dabei von "höchster Stelle" instrumentalisiert. So seien fünf Beweisanträge gestellt worden, die aber nicht behandelt wurden. Auch Zeugen seien "reihenweise" nicht einvernommen worden.

BZÖ: Anklage ist "parteipolitischer Auftrag" der SPÖ
Grosz zählte weitere angebliche Verdachtsmomente auf, warum die Justiz gegen das BZÖ arbeite. Einen Ausdruck der Befangenheit sieht er darin, dass ausgerechnet jener Staatsanwalt, der Anklage gegen Westenthaler erhebt, sich auch auf der Zeugenliste des Untersuchungsausschusses zur Causa Innenministerium befindet. Das BZÖ sieht nun einen "parteipolitischen Auftrag" der SPÖ. Man versuche im Vorfeld, ein Mitglied des Untersuchungsausschusses - also Westenthaler - anzuschwärzen.

Westenthaler sieht sein Engagement als Chef einer Oppositionspartei als Grund für die angebliche politische Verfolgung. Ob die Gegnerschaft zum EU-Reformvertrag oder das Ablehnen eines Rauchverbots: "Das ist genau der Stoff, aus dem eine Verfolgung gebastelt wird."

"Was hier passiert, ist nur mehr lächerlich"
Der BZÖ-Chef weiter: "Wenn man sich in diesem Land für die Freiheit, gegen die Regierung, gegen den EU-Vetrag, der das Land entmündigt, oder etwa gegen Bevormundung und Entmündigung kämpft, dann ist man Systemfeind. Die SPÖ und SPÖ-Justizministerin Berger begehen den Fehler, dass sie glauben, sie könnten mich so wegbekommen. Das wird nicht funktionieren. Was hier passiert, ist nur mehr lächerlich."

Westenthaler verwies auf die vielen unterschiedlichen Aussagen in dieser Causa, man gehe jedoch ausschließlich gegen ihn vor. "Hier wird ein Vernichtungsfeldzug gestartet, wo das rote Justizministerium und die rote Staatsanwaltschaft Wien gegen einen ungeliebten, unbequemen, aber ehrlichen Oppositionspolitiker vorgehen."

Grüne fordern im Fall von Verurteilung Rücktritt
Die Grünen fordern Westenthaler auf, im Fall einer Verurteilung wegen falscher Zeugenaussage zurückzutreten. Der stellvertretende Klubchef Karl Öllinger forderte Westenthaler auf, im Fall einer Verurteilung sein Mandat zurückzulegen. Die Justiz für das Verfahren verantwortlich zu machen, sei inakzeptabel. "Österreich braucht keine italienischen Verhältnisse", befand Öllinger und erinnerte daran, dass in Italiens Abgeordnetenhaus einige rechtskräftig verurteilte Politiker tätig sind.

FPÖ verspottet Ex-Parteikollegen
Die FPÖ reagiert mit Häme auf die Anklage durch die Staatsanwaltschaft Wien. "Ich freue mich für Peter Westenthaler", verkündete FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl und verwies darauf, dass der BZÖ-Obmann mehrmals den Wunsch geäußert habe, in dieser Causa einem unabhängigen Richter gegenüberstehen zu wollen.

"Dieser Wunsch wird nun für ihn in Erfüllung gehen, wozu ich ihm herzlich gratuliere", ätzte Kickl in einer Aussendung. Sein Kollege Harald Vilimsky verlangte vom BZÖ-Chef, sein Mandat bis zur Klärung der Prügelaffäre niederzulegen und "unqualifizierte Angriffe auf das Rechtssystem" zu unterlassen.

Kärntner BZÖ steht hinter Westenthaler
Klar hinter den BZÖ-Chef stellte sich dagegen die starke Kärntner Landespartei. "Wir teilen mit Peter Westenthaler das Schicksal, aus politischen Gründen von der Justiz verfolgt zu werden. Dieses Schicksal verbindet. Wir halten in diesen Stunden umso stärker zusammen", befand der geschäftsführende Landesparteiobmann Stefan Petzner in Anspielung auf die Ermittlungen gegen Landeshauptmann Jörg Haider in der Ortstafelfrage. Petzner zeigte sich zuversichtlich, dass Westenthaler den Prozess gewinnen werde.

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