Gas-Streit eskaliert
Russland will Ukraine den Gashahn zudrehen
Die Ukraine habe bei Gazprom noch Schulden in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar (rund eine Milliarde Euro) zu begleichen, erklärte Gazprom-Sprecher Sergej Kuprianow am Donnerstagabend in Moskau. Über die Ukraine fließt auch ein großer Teil des russischen Gases nach Europa. Russland hatte vor rund zwei Jahren der Ukraine den Gashahn temporär zugedreht. Damals waren auch die Lieferungen nach Europa - so auch nach Österreich - eingeschränkt worden. Die Ukraine fordert von Russland derzeit ihrerseits mehr Geld für den Transit des Erdgases nach Westen.
Gaskrise vor Juschtschenko-Besuch in Moskau
"Wenn die ukrainische Seite bis Montag das Problem nicht löst, wird Gazprom gezwungen sein, die russische Gasversorgung für die Ukraine zu unterbrechen", erklärte der Gazprom-Sprecher mit Blick auf die angeblichen ausstehenden Zahlungen der Ukraine. Die russische Drohung erfolgt wenige Tage vor dem Besuch des ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko in Moskau am kommenden Dienstag.
Die Ukraine argumentiert wiederum, sie zahle für russisches Erdgas dreieinhalb Mal mehr als noch 2006. Die Einnahmen aus dem Transit von russischem Gas seien jedoch praktisch unverändert geblieben. Laut ukrainischen Zeitungsberichten peilen die Behörden in Kiew deshalb eine Erhöhung der Transitgebühren auf bis zu 9,32 Dollar (rund 6,30 Euro) je 1.000 Kubikmeter Erdgas und je 100 Kilometer genutzte Pipeline an. Derzeit berechnet die Ukraine dafür etwa 1,70 Dollar. Im vergangenen Jahr lag der Tarif bei 1,60 Dollar.
Alter Streit neu aufgeflammt
Schon Anfang 2006 hatte es einen erbitterten Streit zwischen Russland und der Ukraine um Gaspreis und Transitgebühren gegeben. Nach dem vorübergehenden Lieferstopp hatte die Ukraine damals einer Erhöhung des Gaspreises zugestimmt. Rund 80 Prozent der russischen Gasexporte nach Westeuropa laufen durch die Ukraine.
Die Ukraine ist damit das wichtigste Transitland für russisches Erdgas. Die neue ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko hat angekündigt, neue Gasverträge mit Russland aushandeln zu wollen. Sie wirft Gazprom vor, mit Hilfe undurchsichtiger Verträge über den umstrittenen Zwischenhändler Rosukrenergo zusätzlich Profit zu machen.
Lieferstopp soll sich nicht auf EU-Versorgung auswirken
Der drohende Stopp von russischen Gaslieferungen an die Ukraine sollte sich nicht auf die Gasversorgung der EU auswirken, hieß es in Brüssel. EU-Energiekommissar Andris Piebalgs rief die Konfliktparteien zu einer raschen Lösung auf. "Gazprom hat sich heute mit der EU-Kommission in Verbindung gesetzt, um uns über die kommerziellen Probleme mit der Ukraine zu informieren, die zu einer Unterbrechung der Lieferung von russischem Gas an die Ukraine führen könnten", so Piebalgs. "Gazprom hat uns versichert, dass die Gaslieferungen in die EU nicht unterbrochen werden." Sollte sich die Situation verschärfen, würde die die Gas-Koordinierungsgruppe, eine Arbeitsgruppe von Experten aus den Mitgliedstaaten, zusammen treten.
Wirtschaftsministerium in Wien beruhigt
Auch das Wirtschaftsministerium in Wien hat am Abend fürs erste beruhigt. Aufgrund der günstigen Witterung und voller Speicher seien aus jetziger Sicht keine Versorgungsprobleme zu erwarten, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Selbst wenn die angedrohten Lieferkürzungen in Richtung Ukraine an Österreich weitergegeben würden, seien zumindest kurzfristig keine Probleme zu erwarten. Ähnliche Kommuniques gab es etwa auch aus dem Wirtschaftsministerium in Budapest, was Ungarn betrifft.
In der OMV geht man zunächst offenbar noch nicht davon aus, dass die Russen mit der Drohung unmittelbar ernst machen. Doch selbst wenn es zu geringfügigen Lieferkürzungen über die Ukraine käme, dürfte das kein Problem für die westeuropäische und die heimische Versorgung mit Erdgas darstellen, sagte ein OMV-Sprecher am Abend unter Hinweis auf die Lagerhaltung. Die Vorräte würden für viele Monate reichen. Der deutsche E.ON-Ruhrgas-Konzern betonte, die vertraglichen Lieferungen seien durch die russische Drohung, der Ukraine den Gashahn zuzudrehen, nicht betroffen.
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