Beim Mittagessen am Ostermontag brach das Inferno los und der 800 Jahre alte „Egghof“ in Alpbach im Tiroler Bezirk Kufstein versank in Asche und Schutt. Doch dann erlebte die Familie einen unglaublichen Rückhalt und kann wieder an die Zukunft glauben.
Wen soll man hervorheben, wem besonders danken? Christine und Gottlieb Margreiter sehen sich an, sind fast etwas ratlos. Die Familie ist im Dorfleben bestens vernetzt, bei allen beliebt. Als die Tragödie eintritt, ist das Dorf zur Stelle. Alles im Leben kommt zurück, heißt es.
Viele Freunde und die Landjugend, bei der die Zwillinge Christoph und Lisa engagiert sind, übergaben Spenden oder halfen inmitten der Trümmer. „Auf einmal stand sogar eine Delegation aus Fieberbrunn vor der Tür“, erzählt Gottlieb. Näher waren seine Bergbahnkollegen oder die Schützenkameraden, die Schichten leisteten. Die Bergrettung lieferte die Verköstigung vom Gasthof „Zirmalm“ an. Dann ist da noch der Traktorhersteller, Christophs Chef, der einen ganzen Sommer einen Schlepper zur Verfügung stellte. Viele große und kleine Gesten, für die hier der Raum fehlt.
Familie opferte Urlaube
Über allem stand von Anfang an die Hilfe der großen Verwandtschaft, auch aus Christines Heimat Wildschönau. Urlaube wurden geopfert und Christines Eltern schupften fast im Alleingang die Alm, während aus dem Bauloch langsam der neue Egghof emporwuchs. „Die Ursprünge reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück“, lernte Gottlieb schon in der Volksschule.
Der Kassettl-Schmuck und ein Ranzen als Lichtblicke
Die Überreste nach den schrecklichen Stunden waren überschaubar – und dennoch Lichtblicke. „Den 300 Jahre alten Federkiel-Ranzen habe ich im Hausgang noch geschnappt, als mir schon die Funken ins Gesicht flogen“, blickt Gottlieb mit Schaudern zurück. Unter eineinhalb Metern verkohltem Schutt fand Christine ihre Haarspange und den Schmuck zum traditionellen Alpbacher Kassettl, die bei Prozessionen in Ehren gehalten werden. Und Gottlieb stieß in den Überresten sogar auf seinen Ehering. Ebenso auf eine Glocke aus dem Jahr 1847, die einst schon der Vater seiner Ururgroßmutter einer Kuh um den Hals gelegt hatte.
Als sich die Flammen am Ostermontag von der Batterie des Schleppers blitzartig zum Wohntrakt ausbreiteten, konnte man nur noch die Kühe aus dem Stall treiben. „Ohne Wind hätten wir wohl mehr retten können“, sinniert Gottlieb. Doch man ist auch dankbar, dass alle diesen Tag heil überstanden. Die Gedanken und der Alltag gehören inzwischen längst der Zukunft.
Etliche Firmen versuchen das Beste
Sechs Monate nach dem denkwürdigen Tag hat der Rohbau bereits sein Dach, das im Winter die Kühe schützen soll. Firmen, oft selbst unter Zeitnot und Stress, versuchen für den Egghof das Beste. Die Dimensionen sind beträchtlich, erklären sich aber auch durch Vorschriften: „An einen Laufstall hätte ich nie im Leben gedacht“, erklärt Gottlieb. Und will doch nur geringfügig von zwölf auf 15 Kühe aufstocken. Eine Landwirtschaft, wie es im Tal immer war – so soll es größtenteils auch bleiben.
Versichert, aber da ist auch noch die Teuerung
Das Finanzielle? Es bereitet Sorgen – trotz überwältigender Hilfe und Spenden. Der Hof war nach gängigen Maßstäben ordentlich versichert – „doch die Teuerung hat uns überholt“, sagt Gottlieb. Diverse Vorgaben hatten Überraschendes zu bieten: eine Blitzschutzanlage um 28.000 Euro, ein Becken für Regenwasser um 15.000 Euro. 22 Beton-Lkw für eine einzige Decke. Trotz aller Widrigkeiten: Irgendwann im nächsten Jahr will man das Nebenhaus verlassen, das dank beherztem Löscheinsatz stehen blieb. Hätte die Feuerwehr nicht mit einer Wärmebild-Drohne einen brennenden Karton hinter dem dortigen Holzstapel entdeckt, wäre es vielleicht auch abgebrannt.
Nun bestehen keine Zweifel mehr, dass die Geschichte des stolzen Hofes hoch über Inneralpbach nach 800 Jahren weitergeht. „Ohne euch“, verweist die Familie auf die vielen Helfer und Spender, „wäre das nicht zu schaffen.“
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