Gusenbauer solle am Mittwoch nach dem Ministerrat vor die Kameras treten und entweder sagen, ja, er unterstütze dieses "widerwärtige Weihnachtsgeschenk" an Arigona Zogaj oder er solle sagen, dass es gelungen sei, in diesem Einzelfall eine humanitäre Lösung zu finden. Der Ministerrat sei die letzte Gelegenheit, zumindest für heuer, die Angelegenheit zu bereinigen.
Van der Bellen verwies auch auf die SPÖ-Präsidiumsklausur Anfang Jänner unter dem Motto "Ein Jahr Regierung Gusenbauer, ein Jahr Politik mit sozialer Handschrift". Für ihn sei es aber eine "Politik mit asozialer Handschrift", wenn man Kinder abschiebe, sagte der Grüne Bundessprecher. Er sei "bestürzt", dass das Jahr so enden solle.
Van der Bellen kann Platter-Entscheidung nicht nachvollziehen
Der Grüne Bundessprecher kann auch die Entscheidung Platters, den Zogajs das humanitäre Aufenthaltsrecht zu verwehren, nicht nachvollziehen. Es könne zwar öffentliche Interessen geben, die dem entgegenstehen, wie etwa bei Vater Zogaj. Das akzeptiere er auch, sagte Van der Bellen. Auf der anderen Seite gebe es aber auch das Recht auf Familienleben. Der Innenminister müsste hier die verschiedenen Interessen abwägen, tue das aber nicht. Van der Bellen hat den Eindruck, dass sich Platter einbunkere, gerade weil der Fall so prominent in den Medien sei. Das sei "eine Art des politischen Missbrauchs".
Für den Fall, dass Platter bei seiner Entscheidung bleibt, plädierte Van der Bellen dafür, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Für ihn stellt sich dabei aber auch die Frage, ob es nicht "eine Schande" sei, dass man sich den Kopf zerbrechen müsse, ob man über die Höchstgerichte etwas durchsetzen könne, wo einem "der Menschenverstand" sage, dass Kinder hier bleiben können sollten.
Molterer stärkt Platter den Rücken
Vizekanzler Wilhelm Molterer von der ÖVP pochte am Dienstag darauf, dass die Entscheidung zur Abschiebung der Familie "hundertprozentig richtig" sei. Die Frage, ob die Entscheidung Platters auch menschlich gewesen sei, bejahte Molterer ausdrücklich und verwies darauf, dass Arigona Zogaj noch ihre Schulausbildung in Österreich beenden darf. Dies gilt freilich nur für das Polytechnikum, das für die Kosovarin im Juni endet. Außerdem glaubt Molterer, dass der Fall weniger öffentliches Aufsehen erregt hätte, wenn es sich um einen "90-jährigen hässlichen Tschetschenen" handeln würde
Zynismus von Landesrätin Eberle
Ein wenig zynisch hinübergekommen ist eine Aussage der Salzburger ÖVP-Landesrätin Doraja Eberle, die gemeinsam mit dem Vizekanzler die Plattform für das menschliche Handeln präsentierte. Mit Blick auf Mutter Zogaj meinte sie: "Man sagt immer, die trennt man von der Familie, aber es gibt ein Flugzeug Wien-Pristina und sie wäre in 50 Minuten bei ihrer Familie."
Milici-Schwestern Vorbild im Fall Arigona?
Einen möglichen Ausweg für das Flüchtlingsmädchen Arigona Zogaj könnte auch das Beispiel der Milici-Geschwister vorgeben. Sie waren mit ihrer Familie im vergangenen Oktober zurück in den Kosovo abgeschoben worden, nachdem sie zuvor knapp drei Jahre in der Steiermark gelebt hatten. Die 15-jährige Loretta und die 13 Jahre alte Leonita sind am Montag auf Basis eines Visums für eine Ausbildung nach Österreich zurückgekehrt und haben am Dienstag zum ersten Mal wieder ihre alte Schule besucht.
Asylanwalt Wilfried Embacher mutmaßt, dass trotz aller abschlägigen Bescheide des Innenministeriums ein Ausbildungs-Visum die beste Chance für Arigona darstellen dürfte. Innenminister Platter hatte die Abschiebung der 15-Jährigen bis zum Ende des Schuljahres 2007/2008 ausgesetzt, um Arigona den Abschluss des Polytechnikums zu ermöglichen. Danach soll sie aber in den Kosovo abgeschoben werden.
Arigona will Friseur-Lehre machen
Eigentlich wollte Arigona Zogaj nach dem Schulabschluss eine Lehre als Friseuse machen. Das wäre im Sinne eines Verbleibs in Österreich wohl nicht so günstig. Leichter wäre es für die junge Frau, würde sie weiter eine Schule besuchen. Wenn dann jemand die Kosten für ihren Lebenserhalt sichert, hätte sie die Möglichkeit ein Visum für ihre Ausbildung zu erhalten, wie es bei Studenten oft ausgestellt wird. Zuständig für die Genehmigung wäre die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, die allerdings gegenüber dem Innenministerium zumindest berichtspflichtig ist.
Kann Pfarrer Friedl Arigona adoptieren?
Schwieriger als die Fortsetzung ihrer Schulausbildung wäre eine Adoption. Theoretisch möglich wäre sie wohl nur bei Pfarrer Josef Friedl, wenn hier ein familienähnliches Zusammenleben anerkannt würde. Gänzlich chancenlos wäre eine Heirat, alleine weil der Verdacht einer Scheinehe im Raum stünde und Arigona noch nicht 16 ist.
Staatsbürgerschafts-Verleihung nicht möglich
Bleibt noch die zuletzt diskutierte Variante einer Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Diese Option kann man rechtlich gleich ganz vergessen. Denn weder ist Arigona Zogaj schon zehn Jahre im Land noch erfüllt sie die sonstigen Kriterien. Vor allem spricht gegen sie der Passus, dass die Staatsbürgerschaft keinem Fremden verliehen werden kann, "wenn gegen ihn ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung anhängig ist".
Da in den Storypostings vermehrt teils massive Verstöße gegen die Netiquette stattgefunden haben bzw. der krone.at-Redaktion von Usern gemeldet wurden und keine sinnvolle Diskussion mehr möglich war, sahen wir uns gezwungen, die Kommentar-Funktion bis auf Weiteres zu deaktivieren.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.