Schlimme Tendenz

In zwei Jahren 50 Prozent mehr verarmte in OÖ

Oberösterreich
12.12.2007 20:22
Die Armut greift in Oberösterreich erbarmungslos um sich. Das lässt sich aus der Statistik der oö. Gebietskrankenkasse ableiten. Die Zahl jener Landsleute, die weniger als 726 Euro zur Verfügung haben und deshalb von der Rezeptgebühr befreit sind, stieg in zwei Jahren um 50 Prozent auf knapp 73.000 Menschen.

„Auch beim Unterstützungsfonds, mit dem wir Leistungen außerhalb des gesetzlichen Anspruchs bezahlen, steigen die Anträge: in den vergangenen zehn Jahren von 1800 Fällen pro Jahr auf 7000 Fälle“, sagt OÖGKK-Obmann Alois Stöger. Die Kasse zahlte aus dem Fonds im Vorjahr 1,7 Millionen Euro.

Stöger fordert, dass künftig politische Maßnahmen einer Art „Gesundheitsverträglichkeitsprüfung“ zu unterziehen sind und Krankenkassen genug Geld zur Verfügung haben. Bekanntlich steht etwa die Wiener GKK vor der Pleite.

Als armutsgefährdet gelten Single-Haushalte mit weniger als 900 Euro brutto, eine Familie mit einem Kind, wenn sie weniger als 1619 Euro monatlich verdient. „Und wer wenig Geld hat, ist auch anfälliger für Krankheiten“, sagt Martin Schenk von der Diakonie: Arme sterben bis zu sieben Jahre früher und sind doppelt so oft krank.

Das Problem sei, dass Arme durch ihre finanziellen Sorgen auch ständig unter Stress stehen, aber sich keine Auszeit leisten können.

„Niemand fällt bei uns ganz durch den Rost“
Die OÖGKK hat die meisten Rücklagen aller Kassen. GKK-Obmann Alois Stöger mahnt, dass das Geld auch bei uns bald knapp wird.

Sie sagen, dass Armut krank macht. Wie viele Landsleute fallen bei uns durch den Sozial-Rost?
Eigentlich niemand. Rechtlich hat auch der Ärmste Anspruch auf medizinische Leistungen. Faktisch kommt er aber oft nicht dazu. Sozialhilfeempfänger schämen sich häufig, um einen „Krankenhilfeschein“ anzusuchen, da sie keine e-card haben. Oder sie trauen sich nicht fragen, welche Rechte sie haben.

Warum steigt die Armut in Oberösterreich so stark?
Die Pensionen wurden zu wenig angehoben, die Zahl der schlampigen Arbeitsverhältnisse steigt. Schlechte Entlohnung, keine soziale Absicherung, da man etwa bei Projekten nicht angemeldet ist - viele Leute müssen Mitte des Monats entscheiden, ob sie die Miete oder die Krankenkassen-Beiträge einzahlen. Dieser Druck erzeugt Stress und macht krank.

Angeblich betrifft Armut meistens die Frauen.
Ja. Frauen haben geringere Pensionen, sind oft Alleinerzieher und öfter in schlechter bezahlten Jobs.

Die „Krone“ hilft in Not geratenen Landsleuten etwa mit der „Christkindl“-Aktion. Was halten Sie von solchen Hilfsmaßnahmen?
Sie sind wichtig, da sie die Leute aufrütteln und ihnen Bereiche des Lebens zeigen, die sie gerne verdrängen. Und Menschen, denen geholfen wird, geben sie Hoffnung.

 

 

Foto: Markus Schütz

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