VfGH-Checkliste

VfGH legt Kriterien für Bleiberecht fest

Österreich
30.10.2007 23:00
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat sich in seiner Herbstsession mit mehreren Verfahren betreffend das Bleiberecht beschäftigt, die im Hinblick auf den Fall Arigona Zogaj von einer allgemeinen Bedeutung sein dürften. Beim Bleiberecht hat der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestimmte Kriterien festgelegt, die von allen Behörden, die über Ausweisungen entscheiden, ab sofort zu berücksichtigen sind.

Weiters hat der Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend Erteilung von Niederlassungsbewilligungen aus humanitären Gründen eingeleitet. In den meisten Fällen ist bei solchen Verfahren eine Aufhebung der Gesetzespassagen die Folge. Die Verfassungsrichter sind der Meinung, dass es im Hinblick auf die Menschenrechtskonvention verfassungswidrig sei, dass Betroffene kein Antragsrecht auf Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen haben, sondern davon abhängig sind, ob die Behörde von sich aus tätig wird oder nicht. Diese Gesetzesregelung wird nun geprüft.

Beim Bleiberecht halten die Verfassungsrichter fest, dass die Behörden in jedem Einzelfall eine Gesamtbetrachtung unterschiedlicher Kriterien anzustellen haben. Als Kritieren festgelegt werden Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, der Grad der Integration sowie strafrechtliche Unbescholtenheit.

Zu berücksichtigen seien aber auch die Bindung zur Heimatstadt, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren. Was das für den Fall Zogaj bedeutet, bleibt abzuwarten. Es scheinen sowohl Kriterien für als auch gegen ein Bleiberecht mitzuspielen.

Ausweisungsbetsimmung aufgehoben
Weiters hat der Verfassungsgerichtshof eine Ausweisungsbestimmung im Asylgesetz als verfassungswidrig aufgehoben, diese betrifft den sogenannten "Durchführungsaufschub", mit dem eine Ausweisung aus vorübergehenden Gründen (etwa Krankheit oder Schwangerschaft) nicht durchgeführt werden darf. Das Problem dabei ist, dass mit der Ablehnung eines Asylantrags auch die Ausweisung verfügt wird und es keine Möglichkeit einer Verlängerung des sogenannten Durchführungsaufschubs gibt.

FPÖ und BZÖ schießen sich auf Verfassungsgerichtshof ein
Unzufrieden mit den vom Verfassungsgerichtshof festgelegten Kriterien für ein Bleiberecht gezeigt haben sich am Dienstag FPÖ und BZÖ. "Ein Bleiberecht wäre eine völlige Absurdität", empörte sich FP-Chef Heinz-Christian Strache. Der VfGH solle zur Kenntnis nehmen, dass es "kein Recht auf Einwanderung" gebe, so Strache. Das BZÖ warf dem Höchstgericht vor, sich anzumaßen "als gesetzgebendes Organ zu fungieren". Die Grünen sahen sich durch die VfGH-Entscheidungen bestätigt und hoffen, dass "das unprofessionelle und menschenrechtswidrige Agieren" von Innenminister Günther Platter (V) "bald ein Ende" habe.

Platter sieht sich bestätigt
Platter hingegen hat die neuen Kriterien als Bestätigung für seinen Kriterienkatalog gesehen. Darin seien die vom Verfassungsgerichtshof genannten Punkte enthalten, so Platter. "Der Verfassungsgerichtshof hat heute den Weg des Innenministeriums bestätigt, dass sowohl eine Einzelfallprüfung als auch eine Gesamtbetrachtung der unterschiedlichen Kriterien notwendig und unumgänglich ist", so Platter.

Foto: Andi Schiel

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