BAWAG-Prozess

Flöttl: Keine Belege für Milliardenverluste

Österreich
10.09.2007 19:56
Auf die Suche nach Belegen für die laut Anklageschrift 1,44 Milliarden Euro Verlust der BAWAG aus den Geschäften mit Wolfgang Flöttl hat sich am Montag, dem 23. Verhandlungstag im BAWAG-Prozess, das Gericht gemacht. Investmentbanker Flöttl erklärte, für die mit der BAWAG bis zum Jahr 2000 getätigten Geschäfte keine Belege mehr zu besitzen, weil er sein Büro in Bermuda aufgelöst habe.

Er sei nicht verpflichtet, die Unterlagen aufzuheben, argumentierte Flöttl. Das löste bei Richterin Claudia Bandion-Ortner und den Anwälten anderer Angeklagten einiges Erstaunen aus.

Für die Verlustgeschäfte 1998 und 2000 habe er alle Akten und Verträge an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen weitergeleitet, die Verlustbestätigungen (Audits) erstellt hatte, betonte Flöttl. Für die im Jahr 1999 erlittenen Verluste hatte Andersen kein Audit gemacht. Flöttl erklärte dazu, er besitze selber keine Belege mehr für die im Jahr 1999 getätigten - auch mit Millionenverlusten beendeten - Neuveranlagungen von BAWAG-Geldern.

Die Neuveranlagungen im Jahr 1998 beliefen sich laut Anklageschrift auf einen Betrag von rund 330 Millionen Dollar (239 Mio. Euro). Dabei handelte es sich unter anderem um Hapenny (eine Anleihe von 250 Mio. Dollar), neue Kredite, die über die niederländischen Briefkastenfirmen Krieltje und Hetomia flossen (25 und 35 Mio. Dollar), und weitere Mittel an die Briefkastenfirmen Felixton und Clarence.

Richterin Claudia Bandion-Ortner fragte Flöttl mehrmals, ob er Beweise vorlegen könne, dass er die Millionengeschäfte tatsächlich gemacht habe. Flöttl verwies immer wieder auf die Kursbewegungen zwischen Dollar und Yen, daraus ergebe sich in Verbindung mit der von der BAWAG vorgegebenen Anlagestrategie der Verlust bei der Yen-Option. Die Richterin drängte aber, gemeinsam mit einigen Anwälten der angeklagten BAWAG-Vorstände, auf Belege für seine Geschäfte. Die Geschäfte könne man ja durch Recherchen bei seinen Vertragspartnern, allen voran dem Investmenthaus Morgan Stanley, nachverfolgen, betonte Flöttl.

"Ich habe das Geld nicht gestohlen, Frau Rat"
Auch für den Wirtschaftsprüfer Arthur Andersen, der im Zuge des Enron-Konkurses zerschlagen wurde, gebe es eine Nachfolgefirma in den USA, dort könne das Gericht ja ein Rechtshilfeersuchen auf Herausgabe noch fehlender Unterlagen stellen. "Man kann sie suchen", meinte Flöttl. "Ich habe das Geld nicht gestohlen, Frau Rat".

Der Montag war eigentlich der Zeugenbefragung von zwei Wirtschaftsprüfern von Ernst & Young gewidmet. Elisabeth Glaser und Martin Schwarzbartl hatten im Auftrag der Finanzmarktaufsicht (FMA) zwischen April und Ende August 2006 einen Lagebericht zu den BAWAG-Geschäften mit Flöttl und der "Verschleierung" der Verluste erstellt. Die Prüfer wiesen auf ihre Schwierigkeiten bei der Prüfung hin, die am 20. April von der FMA beauftragt wurde und deren Ergebnisse am 31. August 2006 vorgelegt wurden. Der Prüfauftrag habe sich angesichts immer neuer Erkenntnisse über die Ereignisse laufend erweitert, zudem hätten die Prüfer nicht Zugang zu allen Dokumenten bekommen.

Keine persönliche Bereicherung
Persönliche Bereicherung von BAWAG-Vorständen schloss Schwarzbartl dezidiert aus. "Kickback-Zahlungen hat es nicht gegeben, daher auch keine persönliche Bereicherung", betonte er. Ob es zu Kickback-Zahlungen bei den Gesellschaften von Flöttl gekommen sei, könne er nicht sagen, da die Flöttl-Gesellschaften außerhalb des Prüfbereiches von Ernst & Young gelegen seien.

 

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