Perfekt?

Wer glaubt da, er kann Motorrad fahren?

Motor
26.04.2010 08:36
„Depperte Käfigfahrer!“ Vor Beginn des Motorrad-Perfektionstrainings reißt der eine oder andere die Klappe relativ weit auf, nicht nur über die Autofahrer, sondern auch über die eigenen Fahrkünste. Im Verlauf von zwei Tagen auf dem ÖAMTC-Trainingsgelände in Teesdorf/Niederösterreich wurde den Kollegen so mancher Zahn gezogen – dafür strahlt ihr Gebiss jetzt umso heller. Es heißt nicht umsonst "Perfektionstraining".
(Bild: kmm)

Bereits die Gretchenfrage, wie man ein Motorrad lenkt, kann nicht jeder Teilnehmer richtig beantworten. „Ich lenke dahin, wo ich hinfahren will“ ist bei mehr als Schritttempo Blödsinn, „ich leg mich in die Kurve“ ist nicht ganz falsch, verstanden hat der Biker mit seiner Maschine in Böse-Optik aber nicht, was er da macht. „Bei den Kreiselkräften, die da wirken, ist es dem Motorrad egal, wie viel Gewicht da wohin verlagert wird“, erklärt der Instruktor. 

Damit die Freiheit keinen Blutzoll kostet
Motorradfahren ist Freiheit auf zwei Rädern, aber die kostet einen hohen Blutzoll. 1.000 tote Motorradfahrer in den letzten zehn Jahren allein in Österreich sind eine Schreckensbilanz. Und wer glaubt, die Autofahrer sind die Henker der Biker, der werfe einen Blick in die Statistik: Über 30 Prozent aller Motorradunfälle der letzten zehn Jahre waren Alleinunfälle, im Freiland sogar jeder zweite. Der Großteil davon (82 Prozent) bei guter Sicht und trockener Fahrbahn, d.h. bei leicht zu erkennenden und leicht zu bewältigenden äußeren Bedingungen. Tödliche Crashs waren sogar zu 41 Prozent Alleinunfälle! Das alles lässt auf einiges schließen: nicht angepasste Geschwindigkeit (vulgo Rasen), Risikobereitschaft und mangelnde Fahrzeugbeherrschung.

Die ersten beiden sind Einstellungssache, das Letztgenannte lässt sich trainieren. Und genau dazu ist ein zweitägiges Biker-Training beim ÖAMTC die beste Gelegenheit.

Ich bin der König der Welt!
Zu Beginn scheucht einen der Instruktor erst mal mit geliehenen Trial-Maschinen (kleine Geländemotorräder ohne Sattel) über Stock, Stein und Hindernisparcours. Das macht nicht nur irrsinnig Spaß, es fordert den ganzen Körper, bringt einen an seine Grenzen und sorgt für ein immenses Gespür für das Motorrad. Wer nach den ersten Versuchen irgendwann alle Hindernisse meistert, fühlt sich zu Recht kurzzeitig wie der König der Welt.

Erst nach der Mittagspause fährt man mit der eigenen Maschine auf (sensationell griffigem!) Asphalt. Kurventechnik, Blicktechnik, Slalom, ausweichen, Notbremsung – es wird trainiert, was nur geht. Und es kommt zu einigen Aha-Erlebnissen. Aha, wenn der Kopf immer aufrecht bleibt, tu ich mich leichter, warum mache ich es dann nicht einfach? Aha, meine ach so störrische Maschine ist eigentlich superhandlich, wenn ich sie richtig fahre. Aha, ich fahre hin, wohin mein Blick mich trägt, also sollte ich da hinschauen, wo ich hinfahren will.

Tag zwei ist dann die verschärfte Version des ersten: Notbremsung aus hohem Tempo, Vollbremsung mit anschließendem Ausweichen auf der Geraden wie auch in der Kurve, herrliche Schräglagen auf der Ideallinie des Handlingparcours. und am Nachmittag wieder die Trialmaschinen, diesmal aber im richtig schweren Gelände, in dem man im geschützten Rahmen seine Grenzen auslotet.

Am Ende des Kurses sind alle Teilnehmer ein ganzes Stück weiter, wir fahren um ein bis zwei Klassen besser als vorher. Natürlich macht das Motorradfahren so viel mehr Spaß – und sicherer ist es auch.

Übrigens: Man lenkt ein Motorrad (außer bei Schritttempo), indem man in die Gegenrichtung lenkt. Wenn man rechts den Lenker wegdrückt (also nach links lenkt), legt sich die Maschine in die Rechtskurve. Ausprobieren!

Fakt ist: Zum Saisonstart zahlt sich zumindest ein Tag Aufwärmtraining beim ÖAMTC hundertfach aus. Nach dem langen Winter ist man einfach eingerostet...

Stephan Schätzl

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(Bild: kmm)



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