BAWAG-Prozess

Elsner zeigt Anflug von leiser Selbstkritik

Österreich
18.07.2007 09:34
Natürlich will es keiner gewesen sein: Am zweiten Tag des BAWAG-Prozesses haben sich alle neun Angeklagten "nicht schuldig" bekannt. Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, sein Nachfolger Ex-BAWAG-Chef Johann Zwettler, Investmentbanker Wolfgang Flöttl und die übrigen Angeklagten sehen sich - mit einer Ausnahme - nicht schuldig der Vorwürfe der Untreue in abgestufter Form und der Bilanzfälschung. Elsner räumt aber Fehler ein und nimmt seine Mitangeklagten in Schutz.

Elsner wird zusätzlich noch schwerer Betrug vorgeworfen, er bekannte sich in keinem Anklagepunkt schuldig. Lediglich der frühere BAWAG-Aufsichtsratspräsident und Ex-ÖGB-Finanzreferent Günter Weninger differenzierte in seiner Erklärung: Er sei "nicht schuldig" beim Vorwurf der Untreue, bei der Bilanzfälschung (§ 255 Aktiengesetz) habe er sich noch kein endgültiges Urteil gebildet.

Hitze macht allen Beteiligten zu schaffen
Die extreme Hitze machte einigen Prozess-Beteiligten schwer zu schaffen. Die erste Prozesspause musste verlängert werden, weil eine der beiden Schöffinnen unter der Hitze leide, erklärte Richterin Claudia Bandion-Ortner.

Elsner verließ dann um etwa 11.35 Uhr die Verhandlung. Sein Anwalt Wolfgang Schubert wollte die Verhandlung ohne den Mandanten fortzusetzen. Elsner wird später über die Verhandlung informiert werden.

Elsner: "Im Nachhinein ist man immer klüger"
"Drei Viertel meines Lebens habe ich mit vollem Einsatz für die Bank, die BAWAG gearbeitet", hatte Elsner zuvor in einer ersten Einvernahme zu Protokoll gegeben. Er habe seitdem "nach bestem Wissen und Gewissen im Interesse der Bank gearbeitet", betonte der 72-Jährige. "Natürlich tut es mir leid, dass sich von abertausenden Entscheidungen ein verschwindender Bruchteil im Nachhinein als falsch herausgestellt hat", räumt Elsner Fehler ein und fügt hinzu: "Im Nachhinein ist man immer klüger."

Thomas Kralik, der Anwalt des früheren BAWAG-Bankprüfers von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, Robert Reiter, erklärte in seinem Eröffnungsstatement, bei seinem Mandanten sei "kein Schädigungsvorsatz" vorgelegen. Reiter war langjähriger KPMG- Wirtschaftsprüfer und hatte von 1993 bis 2004 die Jahresabschlüsse der BAWAG geprüft.

Ex-BAWAG-Chef Zwettler lobt sich selbst
Ex-BAWAG-Generaldirektor Johann Zwettler strich bei der ersten Einvernahme von Richterin Bandion-Ortner hervor, er habe nicht unwesentlich am Aufbau der Bank zu einem "Allfinanzinstitut" mitgewirkt. So sei etwa der Versicherungsbereich und das Investmentfondsgeschäft aufgebaut, der Immobilienbereich errichtet und eine Bausparkasse erworben worden. "Der größte Schritt war sicherlich der Erwerb der P.S.K.", so Zwettler. Vor dem Kauf sei klar gewesen, dass die Bank einen Zukauf durchführen müsste. Mit diesem Zukauf sei die BAWAG zur führenden Retailbank in Österreich mit drei Millionen Kunden aufgestiegen.

Zwettler war seit 1968 bei der BAWAG, seit Mai 1995 Vorstandsmitglied und seit Mai 2003 Nachfolger von Elsner als Vorstandsvorsitzender. Er trat per Jahresbeginn 2006 zurück, weil er im Oktober 2005 einen "Blitz-Kredit" über 350 Millionen Euro an Refco im Eilverfahren durchgepeitscht hatte, der kurz darauf notleidend wurde.

ÖGB-Finanzreferent: "Der Aufgabe nicht gewachsen"
Der frühere BAWAG-Aufsichtsratsvorsitzende und ehemalige ÖGB- Finanzreferent Günter Weninger nahm bei seiner Befragung vor Gericht zu den großen Spekulationsverlusten der BAWAG Stellung. Zu Beginn seiner Tätigkeit als Aufsichtsratschef der Gewerkschaftsbank ab 1997 habe er schon gedacht, dass er dem Ganzen gewachsen sei. "Der Aufgabe mit dem großen Verlust war ich wahrscheinlich nicht gewachsen", räumte Weninger ein. Jetzt werfe man ihm vor, dass er als Aufsichtsrat "über alle anderen Vorstände hinweg" die richtige Entscheidung hätte treffen sollen. Dem sei er wahrscheinlich nicht gewachsen gewesen.

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