Salzburger Nockerln

Finstere Gesellen und Goethes Faust

Salzburg
03.12.2017 19:36

Hofmannsthals "Jedermann" haben die Anifer Krampusse in gewohnt diabolischer Manier bereits abgehandelt, jetzt wagte sich die 40-köpfige Truppe an Goethes "Faust". "Wir maßen uns in keinster Weise an, uns mit großen Regisseuren zu vergleichen, viel mehr versuchen wir den literarischen Stoff in unserer Form bestmöglich in Szene zu setzen", betont Gründervater Michael Friesacher.

Aber auch wenn die Inszenierung für den "A.K.T." in Friesachers Heuboden durchaus mit einem Augenzwinkern zu betrachten ist und der Stoff leicht abgeändert wurde, an Dramatik hat die Tragödie nichts verloren. Ganz im Gegenteil: Auch der Anifer Pakt nahm beinahe so ein tragisches Ende wie die Original-Fassung!

Auch hier verkaufte Faust für Jugend, Reichtum und eine Frau dem Teufel seine Seele und frönte dem sorglosen Leben an der Seite seines Gretchens. Allerdings erschien Mephisto dem Gelehrten am Freitag- und Samstagnacht nicht alleine, sondern stürmte sein Studierzimmer selbstverständlich flankiert von seinen höllischen Gefährten. Sie waren es, die Gretchens Bruder, der sie aus dem teuflischen Pakt befreien wollte, mit spektakulärer Akrobatik und einer furchteinflößenden Show zur Hölle schickten. Für Angst und Schrecken sorgte auch die Szene, in der sich der Teufel Fausts Seele holte. Denn als sich Faust in einen Krampus verwandelte und seinem Meister mit einem Sprung von der Balustrade Ergebenheit zeigen wollte, ging nach einem heftigen Knall plötzlich das Licht an und die Musik aus, so dass das Publikum schon ein schreckliches Ende befürchtete.

Selbstverständlich war aber der "freie Fall" auch Teil der Inszenierung und Faust wirbelte nach einer kurzen, aber heftigen Schrecksekunde gänzlich unversehrt mit seinen zotteligen Gesellen über die Tanzfläche. Beim Fell der Beelzebuben handelt es ich im übrigen um Bock-Haare und nicht um Schafspelz. "Die sind weicher und leichter, schwingen perfekt zu den Bewegungen der Krampusse. Außerdem tragen unsere Männer selbstverständlich ausschließlich handgeschnitzte Holzmasken mit Geißbock- oder Widderhörnern, also von nicht jagdbaren Tieren", verrät Friesacher, der die Anifer Krampusse 1976 zum Leben erweckte. Aus einem Bubentraum ist mittlerweile eine Institution geworden. Denn neben dem A.K.T., der an zwei Tagen 1800 Leute anlockt, veranstalten die Männer rund um Obmann Michael Friesacher jun., Josef Brunnauer (Teufel) und Christoph Mayr (Faust) auch Angst-Workshops und natürlich am 5. Dezember den Lauf am Gemeindeplatz gemeinsam mit der Rackl-Pass. Sie zeigen somit, wie man Brauchtum qualitäts- und vor allem respektvoll aufleben lassen kann.

Tina Laske, Kronen Zeitung

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