Wegen Verjährung

Wiener Pfadfinderführer kam Bub zu nah: Freispruch

Österreich
20.10.2017 13:26

Freispruch aus formalen Gründen für einen 53 Jahre alten Pfadfinderführer in Wien: Dem Mann war vorgeworfen worden, ab Ende des Jahres 1994 sexuelle Handlungen an einem damals erst 13 Jahre alten Schützling vorgenommen zu haben. Der Angeklagte stellte vor Gericht gar nicht erst in Abrede, mit dem Buben Sex gehabt zu haben, "als der 17, möglicherweise 18 war". Er wurde jedoch schlussendlich wegen Verjährung freigesprochen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Der 53-Jährige hatte Burschen im Alter zwischen 13 und 16 Jahren betreut, gehört auch nach wie vor der betreffenden Pfadfindergruppe an, ist jedoch seit längerer Zeit nicht mehr in leitender Funktion. Er fährt aber noch immer zu Lagern mit, als Koch und Gerätewart. Vorgeworfen wurde ihm, sexuelle Handlungen an dem Burschen vorgenommen zu haben. Bis zu dessen 14. Geburtstag sei es zu neun Übergriffen in der Wohnung des Angeklagten gekommen. Bis zum 18. Lebensjahr des Opfers sei es laut Darstellung des Betroffenen zu ingesamt 40 intimen Handlungen gekommen.

Verfahren bereits einmal wegen Verjährung eingestellt
Nachdem sich der inzwischen 36 Jahre alte Ex-Pfandfinder zur Anzeige entschlossen hatte, wurde das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft zunächst wegen Verjährung eingestellt. Die Rechtsvertreterin des Betroffenen brachte allerdings einen Fortführungsantrag ein, dem stattgegeben wurde: Eine psychiatrische Sachverständige kam zum Schluss, dass der Mann aufgrund der erlebten Übergriffe in seiner Jugend an einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung leidet, die in ihrer Schwere einer Körperverletzung gleichkommt.

In der Verhandlung musste die Gutachterin auf Befragen des vorsitzenden Richters nun allerdings einräumen, dass nicht mehr feststellbar ist, ob die psychischen Folgen aus Handlungen resultieren, die der Betroffene vor seinem 14. Geburtstag über sich ergehen lassen musste. Im Zweifel war daher zugunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass diese später stattfanden. Der Angeklagte war gemäß der Strafprozessordnung wegen Verjährung freizusprechen. Die Staatsanwältin hatte keine Einwände, die Entscheidung ist bereits rechtskräftig.

Angeklagter: "Habe sehr offen über meine sexuellen Erfahrungen geredet"
Er habe es grundsätzlich als seine Aufgabe betrachtet, seine Gruppe an das Thema Sex heranzuführen, erklärte der Angeklagte vor Gericht: "Ich habe sehr offen über meine sexuellen Erfahrungen geredet. Ich bin nicht homosexuell, habe aber meine homosexuellen Erfahrungen gemacht." Der ehemalige Explorer, der ihn angezeigt habe, habe sich "diesbezüglich sehr interessiert gezeigt". Also habe er diesen in seiner Wohnung getroffen - allerdings zu einem Zeitpunkt, als es nicht mehr strafbar war, dem Jugendlichen körperlich näherzukommen.

Weiterer Betroffener meldete sich, weiteres Verfahren eingestellt
Offenbar war das nicht der einzige Bursch, dessen sich der Gruppenführer annahm. Ein weiterer Ex-Schützling hatte im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren von sexuellen Handlungen mit dem Pfadfinderleiter und einem zweiten Explorer berichtet. Der Gruppenführer soll seinen Schützlingen auf Sommerlagern Gespräche über Sex, Massagen und Anleitungen zur Selbstbefriedigung geboten haben. Im Sommer 2016 soll er einen unmündigen Buben belästigt haben. Ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Das bloße Betasten der Brust eines Buben ist nach gängiger Rechtsprechung nicht strafbar.

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