Festspiele eröffnet

Vermögens- und Herzensbildung

Salzburg
27.07.2017 20:00

Stimmungen sind nicht vorhersehbar, im Kleinen und im Großen, in der Politik, bei den Bürgern. Ein kleines "Radar" zur Salzburger Festspieleröffnung in der Felsenreitschule gaben die Reden der Präsidentin Helga Rabl-Stadler, von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (S. 40) und dem Festredner Ferdinand von Schirach.

Es gibt eine markante Stelle in einem Text Ferdinand von Schirachs, der seinem erfolgreichsten Stück "Terror" angehängt ist. Er besagt: "Es ist albern zu glauben, der Staat sei dem Terror gegenüber schutzlos. Aber jetzt nützen uns weder Kriegsgeschrei noch blindwütige Aktionen. Nur die Besonnenheit, nur die Verfassung, die Rechtsstaatlichkeit werden uns auf Dauer schützen können. Wenn wir die Regeln verraten, die wir uns selbst gegeben haben, werden wir verlieren."

Das hat er in seiner Festrede "Das Recht gegen die Macht stellen" nicht erwähnt, doch die Substanz ist vergleichbar. Schirach: "Die Bürger sind nicht mehr nur die Empfänger von Nachrichten, sie wurden zu sehr mächtigen Sendern. Nie zuvor haben Menschen so mühelos ihre Stimme erheben können." Und: "Noch scheint das Schrille, das Vulgäre und Bösartige in den Kommentaren zu überwiegen."

Voltaire (Urahn der Aufklärung) zitierend: Er hielt die "Toleranz für das Heiligste der Menschenrechte". Der auch wusste, dass es "nicht nur eine Schwarmintelligenz gibt, sondern auch eine Schwarm-Dummheit, -Bösartigkeit und -Gemeinheit." Was hilft noch, wenn eine Mehrheit sich, wie so oft in der Geschichte, für das Falsche, das Furchtbare, Dunkle entscheidet." Das Internet veränderte das Gefüge der Demokratie, der Volkszorn ist "jederzeit aufstachelbar". Schirach: "Unser einziger sicherer Halt sind die Verfassungen der freien Länder".

"Kein Mensch, auch nicht der Wähler, ist im Besitz der Wahrheit, unsere Zukunft ist niemals alternativlos - im Gegenteil, sie ist offen."

Auf Voltaire bezog sich auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen, begann aber mit Hofmannsthals "Jedermann": "Eine Vermögensbildung ist nichts wert ohne Herzensbildung." Ja, das hat was, irgendwie. Kunst- und Kulturminister Thomas Drozda sprach davon, "dass wir in einem Zeitalter wirklich großer Veränderung leben" und die Kunst eine Schlüsseldisziplin des digitalen Zeitalters sei. Wie auch die analogen Welten die "Orte der Herzensbildung". Hat auch was.

Schön sind diese Reden, noch besser wäre die Wirklichkeit des Gesprochenen. "Wenn wir uns von unseren Träumen leiten lassen, wird der Erfolg alle unsere Erwartungen übertreffen", zitierte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler Henry David Thoreau. Große Freude machte das Mozarteumorchester mit dem neuen Chef Riccardo Minasi, mit hinreißend schön schrägen Walzern von Schostakowitsch!

Hans Langwallner, Kronen Zeitung

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