Weckt Sehnsüchte

Großes Walsertal: Ein Geheimtipp in Vorarlberg

Reisen & Urlaub
20.06.2017 09:49

Wer zum ersten Mal den Weg ins Große Walsertal findet, sieht auf den ersten Blick alle Klischees eines Idylls bedient: Kühe, Ziegen und Schafe weiden auf blühenden Wiesen, kleine Ortschaften schmiegen sich an die Berghänge, an der Talsohle hat sich ein Gebirgsfluss sein Bachbett gezimmert, eingerahmt wird das Bild von den Gipfeln der umliegenden Gebirgszüge - im Norden erheben sich sanfte grüne Riesen, im Süden schneiden schroffe Felswände ihre Konturen messerscharf in den azurblauen Himmel. Eine alte Kulturlandschaft, die viele Sehnsüchte weckt - nach Natur, nach Ruhe und Erholung, nach Ursprünglichkeit. Das von der UNESCO zum Biosphärenpark geadelte Große Walsertal in Vorarlberg ist ein echter Geheimtipp.

Verborgen Bleibt jedoch, unter welch unvorstellbaren Mühen sich der Mensch hier einst einen Platz abgerungen hat. Es waren die namensgebenden Walser, die vor rund 700 Jahren damit begannen, das Land urbar zu machen. Heute würde man sie wohl als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnen: Weil in ihrer Stammheimat, dem Wallis, der Bevölkerungsdruck zu groß geworden war, sahen sich ganze Clans zum Exodus gezwungen. Eine neue Heimat fanden sie dort, wo sich noch niemand anzusiedeln wagte - in den wilden und rauen Seitentälern der Alpen.

In den rauen Seitentälern in der Alpen
Die Walser haben nicht nur die einzigartige Kulturlandschaft des Großen Walsertals geprägt, ihr Erbe wirkt auch in der Mentalität der Talbewohner nach. "Wir Walser können schon ziemlich stur sein. Aber das kommt nicht von ungefähr: Um hier zu leben, braucht es eine gewisse Härte. Wenn wir etwas anfangen, dann ziehen wir das auch durch!", sagt einer, der es wissen muss: Stefan Martin bewirtschaftet in Fontanella in extremster Steillage einen Biobauernhof. Er lebt von der Natur, vor allem aber lebt er mit der Natur. Wer hier Landwirtschaft betreibt, muss sich zwangsläufig an die Rahmenbedingungen anpassen, wer sich die steilen Berghänge untertan machen will, wird abrutschen. Dieser Tage wird es ihn gemeinsam mit seiner Frau, den vier Kindern, 18 Kühen und einer Herde Ziegen wieder auf die Alpe ziehen. Es wartet eine arbeitsreiche, aber auch eine schöne Zeit: "Für mich ist es jedes Jahr ein besonderer Moment, wenn ich die Kühe zum ersten Mal in Richtung Hochalpe wandern sehe."

Kein Kitsch im Alpenchic
Wer ins Große Walsertal reist, wird keine Hotelburgen finden, kein Après-Ski-Gelärme, keinen Kitsch im Alpenchic. Dafür wird er aber auf Menschen wie Susanne und Alexander Meyer treffen, die in Buchboden die urig-gemütliche "Pension zum Jäger" betreiben. Die beiden wurden schon oft Zeuge einer gar wundersamen Metamorphose: "Viele unserer Gäste stehen in ihrem Alltag unter enormem Stress. Doch kaum dass sie von der ersten Wanderung zurückkehren, sind sie wie verwandelt. Dann sitzen sie zufrieden auf der Terrasse und genießen den Ausblick." Und blicken auf eine Landschaft, in der die Wiesen einfach ein wenig bunter, die Luft sauberer und die Flüsse klarer sind als anderswo.

Emanuel Walser, Kronen Zeitung

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