Geschichte

Kriegsverbrecher als „Vorbild“

Salzburg
02.03.2017 17:27

"Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit" heißt es und so tauchte nun nach der neuerlichen Verleihung des "Marcic-Preises 2016" ein Dokument auf, das den früheren Rektor der Uni Salzburg schwer belastet. Er lobt einen wegen Kriegsverbrechen verurteilten Richter als sein großes "Vorbild."

Der Salzburger Journalist MMag. Christian Granbacher stieß bei seinen Recherchen für die Illustrierte "Echo" auf ein Vorwort von Marcic zu dessen Buch "Vom Gesetzesstaat zum Richterstaat", in dem dieser sich in "wir"-und "er"-Form blumig beschreibt (wörtlich):

"Einen Menschen muss und will er besonders nennen: Dr. Bruno Nardelli, die Richtergestalt in Kroatien, die mir für mein Leben lang die Achtung vor dem Recht und die Liebe zum Richteramt eingegeben hat. Das Schicksal hatte es gefügt, dass dieser vorbildliche Richter in einer schweren Zeit ein hohes Verwaltungsamt besorgen musste und dass ich als sein erster und engster Mitarbeiter neben ihm wirken durfte. Damals habe ich erkannt, dass, wenn Not einbricht und Formen zerbrechen, der Richter es ist, auf den die ganze Verantwortung fällt, ein Ereignis, das echte Tragik birgt."

Geschrieben hat Marcic dies im Sommer 1957, zwei Jahre vor seinem Aufstieg vom Gerichtsberichterstatter zum Chefredakteur der "SN".

Was er nicht erwähnte: Nardelli war Leiter der Zivilregierung von Dalmatien während der furchtbaren Zeit des Ustascha-Terror-Regimes, wo im Konzentrationslager Jasenovac 85.000 Menschen umgebracht wurden und es eigene Lager zur Tötung von Kindern gab. Damit Marcic den Posten eines Präsidialsekretärs bekam (in einem Dossier, das der Salzburger Historiker Siegfried Göllner in einer Dokumentation veröffentlichte, wird Marcic als "Geheimdienstbeamter" bezeichnet) bedurfte es einer Intervention: Diese kam von Mladen Lorkoviæ, dem Außenminister des so genannten "Unabhängigen Staates Kroatien", der mit ausdrücklicher Duldung von Mussolini und Hitler entstanden war. Lorkoviæ wurde 1945 hingerichtet.

Marcic betreute vom Februar bis Juni 1943 das Kulturreferat des kroatischen Generalkonsulates in Wien, stand 1943 als Bürochef (offizielle Bezeichnung Geheimdienstbeamter) in Diensten des Ministers für "befreite Gebiete", Edo Bulat, war von September 1943 bis November 1944 Präsidialsekretär von Bruno Nardelli in Dalmatien, dann wirkte er als Presseattache wieder beim Generalkonsulat in Wien und flüchtete vor dem Einmarsch der Sowjets mit Angehörigen des Konsulats über St. Gilgen nach Salzburg.

Edo Bulat entkam per Schiff zum Regime von Diktator Juan Peron in Argentinien und starb 1984 in Buenos Aires.

Was im Ustascha -Staat unter dem Führer Ante Paveliæ und dem Kommandeur der Streitkräfte, Slavko Kvaternik geschah schildert Edmund Glaises von Horstenau, deutscher bevollmächtigter General am Balkan: " . . . Abscheu vor dem Geschehenen . . . alles hingemordet . . . Frauen vergewaltigt . . . Kinder getötet . . . "

Auch Paveliæ flüchtete nach Südamerika, wo er 1957 Opfer eines Attentats wurde: Genau am Gründungstag des kroatischen Staates, nämlich am 10. April wurde er von Heckenschützen in Lomas del Palomar niedergeschossen und starb zwei Jahre später an den Folgen seiner Verletzungen. Marcic war von 1963 bis zu seinem Tod beim Flugzeugabsturz in Belgien im Jahr 1971 Professor an der Universität Salzburg, in den Studienjahren 1966/67 auch Rektor.

Sein "Gaskammer"-Kommentar gegen einen jüdischen Wiener Schriftsteller hatte der Karriere nicht geschadet. Wie Marcic ein Netzwerk unterhielt, das sogar einen SS-Offizier und KZ-Chef aus Heinrich Himmlers "Ahnenerbe" zu einem Posten an der Uni verhalf, berichtet die "Krone" morgen.

Hans Peter Hasenöhrl, Kronen Zeitung

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