Resistente Keime

Alarmierend: Antibiotika helfen immer öfter nicht

Wissenschaft
18.11.2016 15:11

Immer häufiger gibt es gegen gefährliche Bakterien kein wirksames Medikament mehr. Die Zahl der Krankheitsfälle mit Erregern, die gegen alle gängigen Antibiotika resistent sind, ist 2015 erneut gestiegen, wie das Europäische Präventionszentrum ECDC am Freitag mitteilte.

Für die Patienten gebe es dann "fast gar keine Optionen mehr" zur Behandlung, sagte die amtierende Direktorin Andrea Ammon. Für den Atemwegskeim Klebsiella pneumoniae etwa schlüsselte die Behörde dies auf: Im Jahr 2012 wirkten Carbapenem-Antibiotika, die Mediziner sich als letztes Mittel aufheben, in 6,2 Prozent der Fälle nicht, im Vorjahr waren es bereits 8,1 Prozent. In einigen Fällen sei das Bakterium auch gegen auch eine Kombination mit Polymyxin-Antibiotika resistent gewesen.

Acht von 100 Patienten quasi nicht behandelbar
"Acht Prozent bedeutet, dass von 100 Patienten acht praktisch nicht mehr behandelbar sind", sagte Ammon. "Und das sind einfach acht zu viel. Im Vorjahr seien europaweit rund 9100 Patienten betroffen gewesen. Sie seien nicht "in jedem Fall dem Tod geweiht", doch steige das Risiko und Ärzte hätten praktisch keine Optionen zur Behandlung. Noch sind dies nach den Daten des ECDC seltene Extremfälle.

Einen ähnlichen Trend meldet das Präventionszentrum für das Bakterium Escherichia coli, einen der häufigsten Verursacher von über die Blutbahn verbreiteten Infektionen. Es gebe eine erhebliche Zunahme von Fällen, in denen das Bakterium gegen einzelne oder auch gegen eine Kombination von modernen Antibiotika resistent sei, so die Forscher.

Anders sieht es bei den seit Jahren mit großer Sorge betrachteten MRSA-Erregern aus, resistenten Bakterien vom Typ Staphylococcus aureus: Sie wurden im Vorjahr europaweit deutlich seltener festgestellt als noch 2012. Viele Länder hätten gezielt Maßnahmen ergriffen und Erfolg gehabt, sagte Ammon. "Daran kann man sehen, dass es möglich ist, einen solchen Trend nicht nur zu stoppen, sondern umzukehren. Das heißt, es besteht überhaupt kein Anlass zu verzweifeln."

30 Prozent aller Antibiotika-Gaben unnötig
Wissenschaftler schlagen wegen des Trends seit Jahren Alarm. Ein Grund für die Resistenzen ist der falsche Einsatz von Antibiotika: Sie werden zu häufig verordnet oder nicht richtig eingenommen. Bakterien können sich in der Folge so anpassen, dass ihnen die Wirkstoffe nichts mehr anhaben. Sind sie gegen mehrere oder alle antibakteriellen Medikamente gewappnet, kann es für Patienten gefährlich werden. Experten führen bis zu 25.000 Todesfälle in Europa jährlich auf Resistenzen zurück.

Autorin Elisabeth Meyer vom Charite-Institut für Umweltmedizin und Hygiene in Berlin geht in einer Analysedavon aus, dass etwa 30 Prozent aller in der Humanmedizin verschriebenen Antibiotika nicht notwendig sind.

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