Klangwolke, Teil III

Strawinskys Musik als Choreografin

Oberösterreich
11.09.2006 18:39
Es war wie ein Tanz auf zwei Festen: Während das visualisierte Eröffnungskonzert des Linzer Brucknerfestes drinnen im Saal minutenlang beklatscht wurde, blieben die etwa 8000 Klangwolken-Gäste im Linzer Donaupark ratlos in der Musiknacht zurück. Openair blieb das 3D-Versprechen praktisch unerfüllt.

„Klassisch anders“ ist das Motto des heurigen Brucknerfestes. Und was liegt in einer Stadt, die der Ars Electronica huldigt, näher, als sich des Computers zu bedienen: Der schon zweifach Klangwolken-erfahrene Klaus Obermaier, einer der erfolgreichsten Multimediakünstler Österreichs, wollte gemeinsam mit der Wiener Tänzerin Julia Mach für das abendliche Eröffnungskonzert mit Strawinskys „Petruschka“ und „Le Sacre du Printemps“ eine neue Dimension der Wahrnehmung schaffen: Ein komplexes Computersystem und stereoskopische Projektionen transferieren die Tänzerin in einen virtuellen, dreidimensionalen Raum. Über 32 Mikrofone ist das Orchester interaktiv eingebunden: Musikalische Motive und Tempi beeinflussen die Bewegung der Tänzerin im virtuellen Raum - so wird indirekt die Musik selbst zur Choreografin!

„Le Sacre du Printemps“ mit merklichen Vorteilen
Im Saal drinnen hatte man den Eindruck, dass von den beiden Ballettmusiken Strawinskys - der Abend wurde mit „Petruschka“ eingespielt – „Le Sacre du Printemps“ merkliche Vorteile aufwies: Nicht nur die Tiefenschärfe der Satzstruktur wies kristallklare Transparenz auf, auch die oft magisch wirksamen Kräfte der rhythmischen Vorgänge schienen unter Dennis Russell Davies ins schier Unermessliche zu expandieren. Die vorbehaltlose Musizierbereitschaft und disziplinierte Klangkultur des Bruckner Orchesters machten im Verein mit der ausdrucksbetonten Bewegungskunst der Tänzerin Julia Mach sowie den verblüffenden Choreografie- und Visualisierungseinfällen Klaus Obermaiers den Abend zu einem extravaganten Optimalerlebnis.

Ein Eindruck, den die Besucher im Donaupark wohl eher nicht teilen können. Hier genoss man in erster Linie die stimmige Übertragung auf die Außenleinwände: Man konnte sozusagen dem Bruckner Orchester bei der Arbeit zuschauen, Musik quasi hören und sehen. Die angekündigte Integration von Klassik und modernen Medien zu einer neuen Kunstform fand auf der grünen Wiese allerdings kaum statt. Nur mit sehr viel gutem Willen waren draußen im Park leichte holografische Akzente wahrzunehmen. Ein ehrenhafter Versuch.

 

Foto: Groeger

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