Album-Highlight

Blues Pills wagen den Sprung in den Mainstream

Musik
04.08.2016 10:54

Mit ihrem Debütalbum zählten die Blues Pills 2014 zu den Senkrechtstartern der grassierenden Vintage-/Retro-Rock-Szene. Unzählige Live-Auftritte quer durch Europa festigten ihren Status - nun greifen sie mit dem brandneuen Werk "Lady In Gold" nach den Sternen. Verstärkte Rhythmuselemente und eine kräftige Portion Soul ersetzen die einst vertrackten Psychedelic-Elemente. Auf zum Großangriff auf die Mainstream-Charts!

(Bild: kmm)

Platz vier in den deutschen Albumcharts und immerhin Top 20 in Österreich. Die schwedischen Blues Pills haben vor zwei Jahren mit ihrem Debütalbum eine kleine Sensation geschafft. Nicht ausschließlich deshalb, weil sie den psychedelisch-progressiven Retro-Rock der 60er-Jahre in die Gegenwart transferierten (das machen seit Wolfmothers Debütalbum 2005 unzählige Combos aus den USA und West-/Nordeuropa), sondern weil die Truppe rund um die charismatische Frontfrau Elin Larsson beim deutschen Extreme-Metal-Label Nuclear Blast beheimatet ist, das ansonsten eher viehisch durchs Unterholz bolzende Truppen zwischen Tod (Slayer) und Teufel (Belphegor) beheimatet.

Gestern und heute
Gitarrist Dorian Sorriaux bekräftigt im ausführlichen Gespräch mit der "Krone", dass man sich zu keiner Sekunde am üblichen Kurs des Labels richten musste. "Wir haben ihnen quasi von Anfang an gesagt, dass die zweite Platte noch weniger mit Metal zu tun haben wird als das Debüt - und genau so wollten sie es auch haben." "Lady In Gold" nennt sich der langersehnte Nachfolger, für den die Werbetrommel so wild wie selten zuvor gerührt wurde. Schon vor Monaten war von einem monumentalen Werk die Rede, einem Album, dass die kompositorische Eleganz der legendären 60er- und 70er-Jahre mit der Zeitmäßigkeit der Gegenwart verbinden sollte. Vorschusslorbeeren, die aufgrund des Senkrechtstarts der multinationalen, aber in Schweden beheimateten Band zu erwarten waren.

"Den meisten Druck haben wir uns selbst gemacht", erklärt Sängerin Larsson, "es gab dazu noch viel Zeitdruck, weil wir einige Deadlines verstreichen ließen, aber das Label hat sich niemals eingemischt. Ich war auf Tour oft so müde, dass ich währenddessen keine Kraft zum Schreiben hatte. Ich habe in einem schwachen Moment sogar einmal meine Mutter angerufen, die mir sagte, dass es manchmal so ist wie mit einer Kaffeetasse, die vor einem steht: sie ist so nah, dass du zwangsweise daran vorbeischaust. So war es mit den Themen zu meinen Texten und nach dieser verbalen Injektion lief es tatsächlich besser."

Keine Geschlechterfixierung
Die titelgebende "Lady In Gold" ist aber nicht etwa Goldkehlchen Larsson selbst, sondern der Tod im weiblichen Körper. "Das Thema wurde von der anderen Seite her schon so oft aufgerollt, dass ich dieses Mal eine weibliche Perspektive darauf lenken wollte. Für mich ist der Tod nicht zwingend ein Mann, genauso wenig wie Gott ein Mann sein muss. Zu dem Thema wurde ich sehr stark von Kate Bush inspiriert, sie gehört für mich zu den besten Geschichtenerzählerinnen."

Im Gegensatz zum Debüt hat bei den Blues Pills der Soul Einzug gehalten. Das manifestiert sich mitunter darauf, dass Sängerinnen wie Aretha Franklin oder Etta James zu den größten Idolen Larssons zählen. "Die starken Stimmen dieser Frauen haben mich immer beeindruckt - vor allem gepaart mit den großen, breitflächigen Kompositionen. Ich habe in diese Richtung sehr viel geübt und meine Bruststimme zum Falsett entwickelt." Besonders intensiv klingt Larsson auf dem rein vom Piano begleiteten "I Felt A Change". "Das war der einzige Song, den ich ganz alleine geschrieben habe", klärt sie auf, "es geht um Verlust und Schuldgefühle und er war wie eine Therapie für mich. Da die Nummer vom Piano getragen wird, dachte ich anfangs, er würde gar nicht aufs Album kommen, aber glücklicherweise habe ich mich da geirrt."

Analoge Liebe
Auch musikalisch haben sich die Blues Pills verstärkt der Eingängigkeit und Massenkompatibilität verschrieben, ohne aber ihre Ideale zu verraten. Verstärkte Rhythmussektionen, mehr Groove und leichter nachvollziehbare Songstrukturen machen auf den neuen Songs das Ihre, dass die Blues Pills zum Stammpublikum unter Garantie haufenweise neue Fans dazugewinnen werden. Obwohl manche Songs nicht einmal richtige Refrains aufweisen, sind die Skandinavier auf "Lady In Gold" in jeder Hinsicht um einen Level nach oben gerutscht - auch wenn man sich vom analogen Vintage-Klang nicht trennen will und kann. "Auf Computern kannst du heute alles so zurechtschneiden und zusammenbauen, das am Ende alles perfekt klingt", so Gitarrist Sorriaux, "das liegt nicht in unserem Interesse. Wir wollen natürlich und organisch klingen, bei unserem Sound wäre Perfektion der falsche Weg."

Dass die Blues Pills überhaupt so schnell wieder mit einem neuen Album auftauchten, liegt mitunter am enormen Arbeitspensum, das nicht zuletzt zum Song "Burned Out" führte, wie Larsson erklärt: "Wir waren jedenfalls nahe an einem solchen und mussten diesen Song einfach schreiben. Das Touren ist ein Geschenk, aber wir waren jetzt mehr als zwei Jahre fast durchgehend unterwegs, haben teilweise auf Matratzen oder Böden geschlafen und hatten dazwischen noch Studiostress. In den wenigen freien Tagen merkst du dann erst, wie wenig Freizeit und Ruhe da noch übrigbleibt." Die Band hat aber auch in schwierigen Phasen ihr Programm durchgezogen. "Wirklich hart ist es nur, wenn ich krank bin, aber ich mache jetzt spezielle Warm-Ups und achte unterwegs noch besser auf mich. Gerade als Sängerin schmerzt bei einer groben Erkältung jeder Muskel auf der Bühne."

Live in Österreich
Das soll der Band in den nächsten Monaten verwehrt bleiben, denn die Blues Pills sind von nun an wieder unentwegt unterwegs, um die frohe Kunde der "Lady In Gold" auf den Bühnen dieser Welt zu verbreiten. So etwa am 12. August beim bereits ausverkauften Picture On Festival im burgenländischen Bildein und am 16. August im Innsbrucker Weekender. Weiter geht es im Herbst, wo Larsson und Co. mit den deutschen Kadavar am 17. Oktober im Linzer Posthof und am 18. Oktober im Gasometer in Wien auftreten werden. Infos und Tickets unter www.bluespills.eu.

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