Hochschulwochen

Über Facetten der Leidenschaft

Salzburg
19.06.2016 19:49

Der Theologe über Liebe, Hass und kulturelle Schablonen

Sie leiten die Salzburger Hochschulwochen, was ist deren Kernaufgabe?

"Die Hochschulwochen finden immer im Sommer (1. - 7. 8.) statt. Der Grundgedanke ist ein offener, zwar mit theologischem Kern, aber Glaube soll sich nicht abkapseln. Sie verstehen sich als Gesprächsplattform, wo man unaufgeregt Fragen der Zeit diskutieren kann."

Mit dem Thema Leidenschaften wollen Sie mitten ins Herz treffen?

"Auch der Papst schrieb gerade, dass alles, was der Mensch tut und sucht, mit Leidenschaft befrachtet ist. Wenn man das Menschsein verstehen will, muss man die Leidenschaften verstehen. Man sieht zum Beispiel bei der Fußball-EM die Ambivalenz, wie zerstörerisch es auch sein kann. Leidenschaft hat etwas Naturwüchsiges. Einer Leidenschaft nachzugehen ist eine intensive Erfahrung von Leben."

Es gibt Vorlesungen und Workshops?

"Es geht um Lieben und Hassen oder um die Künste. Ein Konfliktforscher ist da, ein Astrophysiker, eine Anglistin. Und auch ein Salzburger ist unter den Vortragenden: Rene Maric, der mit einem Fußballblog begonnen hat. Es sind in unserem Programm nicht nur Studierende angesprochen. Neu ist ein Fest im Haus des Erzbischofs, ein Gespräch mit Tod und Teufel. Wir wollen für die Jugend verschiedene Impulse setzen."

Sie vergeben auch einen Preis für ein Lebenswerk.

"Jan und Aleida Assmann haben die Theorie des kulturellen Gedächtnisses aufgestellt. Es geht darum, wie man sich diese Bilder aneeignet. Wie ist beispielsweise die Erzählung des Exodus entstanden? Jetzt könnte die Geschichte der Migrationsbewegung eine neue Schablone dafür sein. Auch die Geschichte vom ,Tellerwäscher zum Millionär’ ist so eine Erzählung, die in unser Bewusstsein einsickern kann. Es gibt so etwas wie einen kulturellen Speicher."

Gehen Leidenschaften mit der Zeit?

"Es gibt kulturelle Dynamik in den Leidenschaften. Das Eheideal etwa war nicht immer das gleiche."

Die ,Sommer-Uni’ besteht neben dem Festspielbetrieb?

"Es ist ein zweites intellektuelles Herz, das da schlägt."

Sie sind auch an der Theologischen Fakultät - in Lehre und Forschung?

"Ich interessiere mich in der Habilitation, was für uns heute nicht mehr selbstverständlich ist. Warum soll ein Tod, der vor 2000 Jahren passiert ist, noch erlösende Wirkung haben? Was heißt das für uns?"

Womit beschäftigt sich systematische Theologie?

"Wir sind eher die Philosophen innerhalb der Theologie. Die Frage ist: Wie kann ich den eigenen Glauben im Licht der Anfragen von heute deuten? Er muss den Menschen etwas sagen können, in den Erfahrungen, die sie machen. Was sagen gegenwärtige Freude und Angst der Menschen für den Glauben?"

Wie prägen Ängste wie Terror das Verständnis?

"Bestimmte Themen rücken ins Bewusstsein, etwa dass es eine Gewaltanfälligkeit des Glaubens gibt. Glaube prägt Identitäten, die auch gehörig unter Druck kommen können."

Wie viel kann Bildung zum Bewusstsein beitragen?

"Wichtig ist, Sensibilitäten zu schärfen, dass man Zwischentöne zulassen sollte und Räume offener Kommunikation pflegen soll."

Warum ist unsere Zeit so orientierungslos?

"Neue Medien führen uns die Pluralität von Perspektiven radikal vor Augen. Das was früher auf Stammtischen gesagt wurde, liest man jetzt auf Facebook."

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