"Wie ein Viech"

Sex-Prozess gegen 15-Jährigen: 2 Jahre teilbedingt

Österreich
29.10.2015 13:28
Ein 15-jähriger Schüler ist am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt worden, weil er zwischen März 2014 und April 2015 jeweils nach Einbruch der Dunkelheit sieben Frauen verfolgt und überfallen hatte. In einem Fall ging der Schöffensenat von einer versuchten Vergewaltigung aus, die übrigen Fakten wurden als geschlechtliche Nötigung angesehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

"Wie kommt man auf die Idee, wildfremden Frauen nachzulaufen und wie ein Viech über die herzufallen?", fragte Richter Norbert Gerstberger den Angeklagten zu Beginn des Verfahrens. "Ich kann es mir selber nicht erklären. Es tut mir sehr leid, aber ich kann es nicht erklären", erwiderte der Handelsschüler.

Der Bursch hatte seinen eigenen Angaben zufolge keinerlei Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht. Dass der Großteil seiner vorwiegend älteren Freunde ihm in dieser Hinsicht voraus waren, setzte ihm zu. Laut Anklage wollte er auch unbedingt eine Freundin haben, um mit ihnen mithalten zu können. Dem stand allerdings seine Schüchternheit im Wege. Er wagte es nicht, ein Mädchen anzusprechen.

Damit erklärte sich Staatsanwältin Tamara Ranzdorf, dass der Schüler in der Nähe seiner in Ottakring gelegenen Wohnung begann, Passantinnen nachzustellen. In ihm sei "der Drang entstanden, fremde Frauen im Intimbereich zu berühren", hieß es in der Anklage.

Frauen setzten sich lautstark zur Wehr
Die Übergriffe liefen stets nach demselben Muster ab: Der 15-Jährige folgte seinen Opfern bis vor deren Wohnungen und fiel erst im Stiegenhaus über sie her, indem er sie packte, zu Boden drückte und ihnen den Rock und die Unterwäsche hinunterzog. Drei Mal scheiterte er mit seinem Ansinnen, die Frauen im Intimbereich zu betasten, weil sie lautstark um Hilfe schrien und ihn damit zum Davonlaufen bewegen konnten. In einem Fall wollte er sich allerdings nicht mit dem bloßen Begrapschen zufriedengeben - die geplante Vergewaltigung gelang ihm lediglich infolge der heftigen Gegenwehr der Betroffenen nicht.

"Okay, es hat keiner gesehen"
Am 15. April wurde der Jugendliche festgenommen. Er legte vor der Polizei ein umfassendes Geständnis ab und gab auch Überfälle zu, die ansonsten wohl kaum geklärt hätten werden können. So führte er die Beamten zu Wohnhäusern, in denen er seiner Erinnerung nach zugeschlagen hatte. Die daraufhin von der Polizei befragten Frauen erkannten den 15-Jährigen bei einer Gegenüberstellung teilweise nicht mit Sicherheit wieder. Eine schloss ihn sogar explizit als Täter aus.

"Auf der Straße hatte ich mehr Angst, dass mich wer erwischt", erklärte der Bursche auf Befragen, weshalb er den Opfern stets bis unmittelbar vor ihre Wohnungstüren gefolgt war. Nach dem ersten Mal habe er sich "Okay, es hat keiner gesehen" gedacht. Deswegen habe er weitergemacht.

Die Kinder- und Jugendpsychiaterin Gabriele Wörgötter bescheinigte dem Burschen eine schwere Persönlichkeitsstörung. Sie attestierte ihm in ihrem Gutachten zwar Zurechnungsfähigkeit, doch zeichne ihn das Fehlen von Empathie und "gravierendes delinquentes Verhalten" aus. Sie empfahl dringend therapeutische Maßnahmen. Der Senat ordnete in seinem Urteil dann auch per Weisung das Fortsetzen einer bereits begonnenen Psychotherapie an.

Von den verhängten zwei Jahren wurden sechs Monate unbedingt ausgesprochen, was das Gericht mit dem reumütigen Geständnis, dem fast noch kindlichen Alter des Täters sowie dessen bisheriger Unbescholtenheit begründete. 18 Monate wurden dem 15-Jährigen unter Setzung einer dreijährigen Probezeit auf Bewährung nachgesehen. Außerdem wurde Bewährungshilfe angeordnet. Verteidiger Philipp Winkler war damit einverstanden, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

Der 15-Jährige wurde nach der Verhandlung enthaftet, da er den unbedingten Strafteil bereits in der U-Haft abgesessen hat. Er kann wieder bei seiner Familie wohnen - der sichtlich bedrückte Vater war als Zuhörer bei der Verhandlung anwesend - und möchte ehestmöglich eine Rauchfangkehrer-Lehre beginnen.

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