Wichtiger Moment

Komet “Tschuri” hat Sonne ohne Schäden passiert

Wissenschaft
13.08.2015 12:06
Der Komet "Tschuri" ist unbeschadet an der Sonne vorbeigeflogen. Er hat Donnerstagfrüh um 4.03 Uhr den sonnennächsten Punkt seiner Bahn erreicht. "Es ist alles sehr glattgegangen, es war kein spektakulärer Vorbeiflug", sagte Paolo Ferri, der Bereichsleiter Satellitenbetrieb der Europäischen Raumfahrtagentur ESA in Darmstadt. Ein wichtiger Moment war der Vorbeiflug für die ESA trotzdem - und es geht spannend weiter.

"Tschuris" Entfernung zur Sonne liege bei rund 180 Millionen Kilometern - das ist etwas mehr als der Abstand der Erde zur Sonne - und ändere sich in den kommenden Wochen nur sehr langsam. Die Wärme verändert den Kometen: Seine Oberfläche wird heißer. "Tschuri" - offiziell "67P/Tschurjumow-Gerassimenko" - gast aus und staubt dabei ganz schön.

In den vergangenen vier bis acht Wochen hat der Komet immer mehr Sonnenenergie getankt und viel Staub um sich gewirbelt. "Wir erwarten weitere Explosionen und Staubwirbel bis September", so Ferri. Im Herbst sollte sich die Lage laut ESA beruhigen.

Aktivität im September am größten
Der Vorbeiflug an der Sonne war für die europäische Raumfahrtagentur ESA ein wichtiger Moment: Seit elf Jahren ist die Raumsonde "Rosetta" im All, sie hat den kühlschrankgroßen Landeroboter "Philae" huckepack zum Kometen gebracht. Der landete am 12. November in einer spektakulären Aktion auf der Oberfläche. "Rosetta" blieb in der Nähe von "Tschuri" - mit fast einem Dutzend Instrumenten an Bord soll sie den Kometen gerade in der Zeit seiner Sonnennähe und darüber hinaus beobachten.

Laut "Rosetta"-Flugdirektor Andrea Accomazzo dürfte die Aktivität des Kolosses, der aus Gestein, Eis und Staub besteht, im September am größten sein. "Die Erwärmung von 'Tschuri' dauert ein bisschen", meint der 45-Jährige in Darmstadt, von wo aus "Rosetta" gesteuert wird. Dass es "Tschuri" zu heiß werden könnte und er auseinanderbricht, hält Accomazzo für "sehr unwahrscheinlich".

Die Nähe zur Sonne sei auch für "Rosetta" kein Problem, meint der Flugdirektor. Zu "Tschuri" werde die Raumsonde aber vorsichtshalber einen Sicherheitsabstand von mindestens etwa 200 Kilometern einhalten. "Rosetta" muss wegen der Gas- und Staubentwicklung des Kometen vorsichtig sein. Durch den Kometenstaub hatte die Raumsonde im April vorübergehend Probleme mit der Orientierung.

Erhofft: Blick in Kinderstube des Sonnensystems
Der größere Abstand von "Rosetta" zu "Tschuri" schmälere allerdings die Chancen für eine gute und stabile Verbindung zu "Philae", sagte der Projektleiter am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Stephan Ulamec. Durch die außerplanmäßige Landung an einem schattigen Ort war es eigentlich zu kalt für die Elektronik, so Ulamec. "Sie hat es trotzdem überlebt. Aber es kann sein, dass es zu thermischen Spannungen kommt und Kontakte brechen und es zu einer Art Wackelkontakt kommt."

Die DLR-Forscher wollten von dem Landeroboter, der sich zuletzt am 9. Juli gemeldet hatte, Bilder von dem Gelände bekommen, um zu sehen, ob sich die Umgebung seit der Landung im November verändert hat. Sie wollen organische Gase messen, die Temperatur bestimmen und weitere Daten zur inneren Struktur nehmen. "Philae" soll an Ort und Stelle das Kometenmaterial - das wohl ursprünglichste und älteste Material des Sonnensystems - analysieren und damit einen Blick in die Kinderstube des Systems erlauben. Zwei Monate bleiben noch. "Im Oktober, November sind wir so weit von der Sonne entfernt, dass keine Chance mehr besteht, den Lander zu aktivieren", sagt der DLR-Mann.

2016 soll auch "Rossetta" auf "Tschuri" landen
Spannend wird es trotzdem bleiben. "Nächstes Jahr werden wir uns mit 'Rosetta' wieder deutlich näher an 'Tschuri' heranwagen können", sagt ESA-Flugdirektor Accomazzo, was schärfere Fotos ermögliche. "Dann sehen wir, was sich auf seiner Oberfläche verändert hat. Das ist genau das, was wir wollen." DLR-Kollege Ulamec hofft auch, dass man auf den Bildern "Philae" erspähen kann. "Dann sehen wir, was los ist mit dem Lander", in welchem Gelände er steht und in welcher Situation.

Das Ende der "Rosetta-Mission ist für September 2016 geplant - nach zwölfeinhalb Jahren im All. Dann hat "Rosetta" ausgedient. Die Sonde soll sich auf "Tschuri" niederlassen und nach der Landung - wie ursprünglich auch "Philae" - Signale zur Erde senden. Die Chancen dafür seien zwar nicht unbedingt groß, meinte Accomazzo. "Aber wir werden es versuchen."

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