Bon Appétit

Wurm-Babys haben Mami zum Fressen gern

Wissenschaft
14.04.2006 13:31
Es klingt schmerzhaft und sieht auch so aus: Dermatotrophie. Schon der Begriff lässt ahnen, dass es sich hier um ein Phänomen handelt, das unter die Haut geht. Zum ersten Mal überhaupt haben Wissenschaftler Tiere beobachtet, die ihre Nachkommen mit der eigenen Haut füttern. Die Weibchen von Boulengerula taitanus, auch Erdwühler genannt, machen genau das.

Diese Würmer kuscheln nicht. Die Jungwürmer winden sich so eng um ihre Mutter, weil sie Hunger haben und ihn mit Mamis Haut stillen - die spendiert eine Extraportion Eiweiß und Fett. Diese Form der Fütterung haben Wissenschaftler jetzt erstmals im Tierreich beobachtet.

Forscher aus Brasilien, Deutschland, Großbritannien und den USA fanden heraus: Die Jungtiere der wurmartigen Amphibien schlängeln sich um den Leib der Mutter herum und schälen mit ihren Zähnen deren Haut ab. Etwa einen Millimeter pro Tag wachsen die Jungtiere dank dieser Spezialkost.

Power-Nahrung für die lieben Kleinen
Die Zusammensetzung ähnelt der Milch von Säugetieren und ist außerordentlich nahrhaft für den Nachwuchs. Die Mütter aber verlieren innerhalb einer Woche 14 Prozent ihres Körpergewichts, berichten die Forscher im britischen Wissenschaftsmagazin "Nature".

Boulengerula taitanus ist in Kenia heimisch und gehört zu den so genannten Erdwühlen, einer Familie wurmartiger Amphibien ohne Gliedmaßen und mit einem stark zurückgebildeten Schwanz. Die Tiere legen Eier, aus denen der mit speziellen Zähnen ausgestattete Nachwuchs schlüpft. Bislang nahmen Experten an, dass die Tiere sich vom Dotter in den Eiern ernähren und die Mütter ihrem Nachwuchs über das Bewachen der Eier hinaus keine besondere Pflege zukommen lassen.

Die Forschergruppe um den Zoologen Mark Wilkinson vom Londoner Natural History Museum hat diese Annahme nun widerlegt, nachdem sie die jungen Mütter mit ihren Babys im Labor beobachtet haben. "Das ist ein faszinierendes Verhalten, das nie zuvor beobachtet wurde und uns zeigt, wie viel wir noch über die Vielfalt dieser Tiere lernen können", sagte Wilkinson.

Drastische Veränderung zum Wohle des Kindes
Bei genauem Hinsehen zeigte sich gar, dass sich die Zellen und das gesamte Hautgewebe der Weibchen während dieser Hautfütterung verändern. Die Zellen quellen regelrecht auf und sind nicht nur reich an Eiweiß, sondern auch mit nahrhaften Fetttröpfchen gefüllt.

Die Forscher vermuten, dass diese Art der Fütterung eine Zwischenstation hin zur Entwicklung im Mutterleib und damit zur Lebendgeburt sein könnte. In diesem Fall würde der Nachwuchs die Spezialzähne nutzen, um innerhalb des mütterlichen Körpers die Auskleidung des Eileiters abzuschaben. Die mikroskopisch kleinen Zähne der Jungtiere von Boulengerula taitanus waren bereits vor 50 Jahren entdeckt worden, ebenfalls am Natural History Museum.

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