Alles inszeniert?

UNESCO erhebt Zweifel an Schatzfund vor Madagaskar

Wissenschaft
13.05.2015 10:47
Es ist der Stoff, aus dem Abenteuerfilme gemacht sind: Tollkühne Unterwasserforscher tauchen zu einem Schiffswrack vor Madagaskar und heben einen Silberschatz, der 300 Jahre verschollen war. Mit großem Tamtam wird der 50 Kilo schwere Barren, den der berüchtigte Pirat William Kidd einst erbeutet haben soll, dem Präsidenten präsentiert. Aber Experten haben Zweifel an der Echtheit des Fundes.

"Uns erstaunt, dass das in Sainte Marie gefundene Silber offenbar genau im richtigen Moment entdeckt wurde", sagt Ulrike Guerin von der UNO-Kulturorganisation UNESCO. Schließlich wurden die Tauchgänge des Forschers Barry Clifford und seines Teams zum mutmaßlichen Wrack des Dreimasters "Adventure Galley", mit dem Kidd (1645-1701) drei Jahre lang als Seeräuber unterwegs war, vom Sender History Channel finanziert und eine Serie über das Abenteuer von der britischen Gesellschaft October Films produziert.

Das Team habe nicht alle nötigen Genehmigungen für die Expedition gehabt, sagt Guerin. Ihr Kollege Alfredo Perez de Arminan, der stellvertretende Generaldirektor der UNESCO für Kultur, äußert sich "sehr besorgt über die Situation auf Madagaskar". Die Suche in derartigen Wracks müsse detailliert dokumentiert werden, was aber hier nicht der Fall gewesen sei. Guerin ist zudem überzeugt, dass Käpt'n Kidd und seine Crew alle Schätze in Sicherheit gebracht hatten, bevor das arg mitgenommene, lecke Schiff 1698 in Brand gesteckt und versenkt wurde.

Filmproduktionsfirma spricht von Verleumdung
Das sind schwere Vorwürfe gegen Clifford und sein Team. October Films spricht von möglicher Verleumdung. "Die gesamte Expedition wurde von Experten des madagassischen Kulturministeriums beobachtet, und alle Funde werden der Regierung ausgehändigt", betonte ein Sprecher der Gesellschaft in einer E-Mail. Das Team habe langjährige Erfahrung bei der Identifizierung und Hebung historischer Artefakte und sei von einem international respektierten Unterwasserarchäologen überwacht worden. "Jede Andeutung, dass der Fund irgendwie inszeniert worden ist, ist nicht nur lächerlich, sondern kommt einer Verleumdung gleich."

Dennoch: Selbst das Kultusministerium in der Hauptstadt Antananarivo hat Zweifel - und Clifford steht nicht zum ersten Mal in der Kritik. In der Szene der Unterwasser-Archäologen ist er kein Unbekannter. Der 1945 auf der Halbinsel Cape Cod an der US-Ostküste geborene Taucher studierte Geschichte und Soziologie in Colorado und Massachusetts. Seit den 70er-Jahren begibt er sich regelmäßig und häufig mit Unterstützung von Fernsehsendern auf lange und aufwendige Unterwasser-Expeditionen. Schon oft haben seine Entdeckungen Schlagzeilen gemacht - fast immer waren diese Funde allerdings genauso spektakulär wie umstritten.

"Santa Maria"-Fund von UNESCO widerlegt
So verkündete Clifford im vergangenen Jahr, das Wrack der "Santa Maria" vor Haiti gefunden zu haben - das legendäre und mehr als 500 Jahre verschollene Flaggschiff des Seefahrers Christoph Kolumbus, mit dem dieser zu Weihnachten 1492 kenterte. Mit großer Energie verteidigte der drahtige Mann seinen Fund. Trotzdem bezweifeln zahlreiche Experten, dass es sich bei dem Wrack um die "Santa Maria" handelt, und auch ein UNESCO-Bericht widerlegte Cliffords Version.

Weil die Situation "nahezu identisch" sei, will die UNESCO in der nächsten Woche eine Mission auf die ostafrikanische Insel entsenden, um sich den Silberbarren genauer anzuschauen. "Alles ist im Moment nur eine Hypothese und bedarf der Überprüfung", meint Guerin.

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