Nach Empörungswelle

F: Roma-Baby nun in Nachbargemeinde beerdigt

Ausland
05.01.2015 16:18
Nach der Aufregung um die abgelehnte Bestattung eines Roma-Babys in Frankreich ist das Kind nun in einem Nachbarort beigesetzt worden. Die zu Weihnachten gestorbene Maria Francesca wurde am Montag in Wissous südwestlich von Paris in einem kleinen weißen Sarg zu Grabe getragen. Die anfängliche Ablehnung eines Friedhofsplatzes für das Baby durch den Bürgermeister von Champlan, Christian Leclerc, hatte landesweit Empörung ausgelöst.

An der Zeremonie in Wissous nahmen etwa hundert Menschen teil - neben der Mutter des Babys und anderen Mitgliedern der Roma-Gemeinde auch Vertreter von Menschenrechtsorganisationen sowie der konservative Bürgermeister von Wissous, Richard Trinquier.

Wissous liegt sieben Kilometer von der knapp 3.000 Einwohner zählenden Gemeinde Champlan entfernt, in der die Familie in einem Roma-Lager lebt und wo das zweieinhalb Monate alte Baby ursprünglich beerdigt werden sollte. Die Gemeindeverwaltung hatte den Antrag eines Bestattungsinstituts aber am 31. Dezember ohne Begründung zurückgewiesen - was nur äußerst selten vorkommt.

Vorrang für Steuerzahler als Grund für Ablehung
Bürgermeister Leclerc soll die Bestattung des Roma-Babys in der Gemeinde verweigert haben. Einem Bericht der Zeitung "Le Parisien" zufolge begründete er seine Entscheidung damit, dass auf dem Friedhof seiner Ortschaft nur noch wenige Gräber frei seien. "Vorrang haben diejenigen, die hier ihre Steuern zahlen", wurde der rechtsgerichtete Bürgermeister von der Zeitung zitiert.

Er selbst wies das später zurück und sagte, er habe sich der Bestattung "zu keinem Zeitpunkt widersetzt". Das veröffentlichte Zitat sei aus dem Zusammenhang gerissen. Er sprach von einem Missverständnis und sagte, die kontroverse Debatte tue ihm "sehr leid". Noch am Sonntagabend erklärte Leclerc dann, er wünsche sich "inständig", dass das kleine Mädchen in Champlan beerdigt werde, "der Stadt, in der die Familie lebt".

Pariser Menschenrechtsbeauftragter prüft Fall
Neben der, gegen seine Person gerichteten Welle der Empörung könnte die Verweigerung des Begräbnisses für Leclerc noch weitere Konsequenzen nach sich ziehen: Auch der Menschenrechtsbeauftragte des Landes hat sich mittlerweile eingeschaltet. Er sei über die Berichte "fassungslos und schockiert", sagte Jacques Toubon am Sonntagabend dem Radiosender Europe1. Er werde gleich am Montag eine Untersuchung des Falles einleiten.

In Frankreich können Menschen an ihrem Wohnort, an ihrem Sterbeort oder in einer Gemeinde bestattet werden, wo die Familie bereits ein Grab hat. In jedem Fall müssen die Angehörigen aber beim jeweiligen Bürgermeister um Erlaubnis bitten.

Hollande: "Frankreich darf andere nicht angreifen"
Staatschef Francois Hollande rief am Montag dazu auf, die "Werte der Republik" zu verteidigen. Frankreich dürfe "andere nicht angreifen, wie dies auf diesem Friedhof geschehen ist", sagte er im Radiosender France Inter. Sein sozialistischer Premierminister Manuel Valls hatte am Sonntag über den Kurzbotschaftendienst Twitter erklärt, einem Kind aufgrund seiner Herkunft die Bestattung zu verweigern, sei eine "Beleidigung all dessen, was Frankreich ausmacht".

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