Studie zeigt:

Menschen bestrafen lieber hinten herum als direkt

Wissenschaft
27.10.2014 21:00
Menschen rächen Missetaten fremder Personen bevorzugt auf Umwegen und nicht, indem sie sofort einschreiten. Das hat der Innsbrucker Wissenschaftler Loukas Balafoutas mit einem internationalen Forscherteam herausgefunden. Frauen kommen allerdings öfter in den "Genuss" einer direkten Zurechtweisung als Männer, berichtet der Ökonom in der Fachzeitschrift "PNAS".

Balafoutas und sein Team ließen männliche und weibliche Schauspieler am Kölner Hauptbahnhof insgesamt 447 Mal leere Kaffeebecher "achtlos" auf den Bahnsteig werfen und beobachteten die Reaktionen der Passanten. Nur etwa jedes zwanzigste Mal wurden die männlichen Mimen direkt gemaßregelt (worauf diese ihren Mist anstandslos aufhoben), die Darstellerinnen erhielten jedoch bei gut jedem vierten Versuch einen Verweis.

"Der Grund ist wahrscheinlich, dass man in solch einer Situation mehr Angst vor Männern hat als vor Frauen", erklärte Balafoutas, der am Institut für Finanzwissenschaft der Universität Innsbruck arbeitet. Ein Missetäter könnte immerhin ungehalten reagieren und die Situation eskalieren. Bei Frauen sei es viel unwahrscheinlicher, dass ihre Reaktion gefährlich ist.

Männer werden häufiger indirekt bestraft
"Die Männer werden dafür öfter auf subtilere Art, nämlich indirekt, bestraft", so der Ökonom. Wenn die Schauspieler und Schauspielerinnen nach ihrem Vergehen in ihren Umhängetaschen stöberten und dabei Bücher ausstreuten, half ihnen viel seltener jemand beim Aufheben als jenen Personen, die zuvor keinen Kaffeebecher auf den Bahnsteig geworfen hatten. Männer wurden nach dem Fehlverhalten etwa doppelt so häufig wie die Frauen durch unterschlagene Hilfeleistung sanktioniert, fanden die Forscher heraus.

Hatten die Passanten die Wahl, die vermeintlichen "Dreckferkel" direkt oder indirekt zu "bestrafen", zogen sie die indirekte Version vor. Passierte den (männlichen oder weiblichen) Schauspielern nämlich nach dem unzulässigen Kaffeebecher-Wegwerfen kein "Missgeschick" mit den Büchern, wurden sie öfter direkt zurechtgewiesen, als wenn die Umstehenden sie nach einem solchen mit Ignoranz indirekt abstrafen konnten.

Einschreiten wird von Umgebung nicht belohnt
Es sei eine häufige Erklärung, dass direktes Bestrafen dem "Rächer" gesellschaftliche Vorteile bringt, denn es müsse evolutionär einen Grund geben, dass sich dieses Verhalten etabliert hat, so die Forscher. Immerhin sei es potenziell gefährlich und auf jeden Fall mit einem gewissen Aufwand verbunden, Übeltäter zur Rechenschaft zu ziehen. "Wir fanden aber nicht, dass man von der Umgebung mit sozialem Image oder anderswertig belohnt wird", so Balafoutas.

Wies nämlich ein zweiter Schauspieler den Übeltäter zu recht, um anschließend selbst Bücher auf dem Bahnsteig zu "verteilen", kamen ihm nicht mehr Umstehende zu Hilfe als in einem Kontrollversuch, wo dieses Missgeschick einfach nur so passierte. "Die Frage 'Wieso tun die Leute so etwas?' bleibt also offen", so der Ökonom.

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