"Krone"-Interview

High South: “Wir sind ABBA aus Österreich”

Musik
24.09.2014 12:31
Die amerikanischen Country-Rocker von High South haben es mit ihrem Debütalbum "Now" nicht nur in die österreichischen Top Ten geschafft, sondern den Alpenstaat auch endgültig zu ihrer zweiten Heimat erkoren. Wir trafen uns mit dem sympathischen und gut gelaunten Trio, um über das brandneue Album "High South", die Reinheit der Tiroler Bergluft, einheimische ABBA und die österreichischen Crosby, Stills & Nash, STS, zu sprechen.
(Bild: kmm)

"Krone": Hallo Jungs. Erst einmal Gratulation – mit eurer neuen Single "Rockstar" seid ihr gleich auf Platz 19 der iTunes-Charts eingestiegen. Wie fühlt es sich an, eine internationale Größe wie Slash hinter euch zu lassen?
Jamey Garner:(lacht) Na da fühlen wir uns doch erst recht wie Rockstars. Auch wenn das im Direktvergleich vielleicht etwas unangemessen ist.

"Krone": Bevor wir über euer neues Material reden, lasst uns kurz eure erfolgreiche Vergangenheit aufrollen. Mit dem Debütalbum "Now" seid ihr vor allem hier in Österreich und in Holland mit Top-10-Chartplatzierungen durchgestartet. Was hat sich so alles getan?
Garner: Eine ganze Menge an allen möglichen Fronten. Mit Marc Copely haben wir ein Mitglied verloren, aber das hat uns als Band eigentlich nur stärker gemacht. Wir waren auf "Now" schon mit den Songs zufrieden, aber wir wollten dieses Mal nicht nur unsere drei Singstimmen in den Vordergrund stellen, sondern auch unsere inneren Stimmen befriedigen. Wir haben das gesamte Album in Österreich geschrieben und es dann in München aufgenommen.
Kevin Campos: Wir hatten sechs Tage frei und da wir Songwriter sind, haben wir uns natürlich gleich an die Instrumente begeben. Also haben wir geschrieben, ein Bier getrunken, weiter geschrieben, einen Berg bewandert und erneut geschrieben.
Dillon Dixon: Kreativ gesehen waren wir dieses Mal wirklich unfassbar aktiv, wir sind auch in allen Bereichen gewachsen und gereift. Selbst die Rolling Stones müssen reifen, um Jahr für Jahr zusammenzubleiben und weiterzumachen. Das Aufregendste an diesem zweiten Album war mit Sicherheit, dass wir uns komplett herausfordern mussten. Wir mussten wirklich zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und in der richtigen Stimmung sein, um das ganze Album in sieben Tagen zu schreiben.
Garner: Glücklicherweise hat uns unser Produzent die Erlaubnis gegeben, das auch so durchzuziehen.

"Krone": Für mich ist das Album eine logische und gut klingende Weiterführung eures Debüts. Bei unserem letzten Gespräch habt ihr schon an den Songs gearbeitet – wie lange habt ihr insgesamt an dem Teil geschraubt?
Garner: Ehrlicherweise muss man sagen, dass unheimlich viele Songs und Songideen niemals das Licht der Öffentlichkeit erblicken werden. Glücklicherweise waren wir hier in Österreich so kreativ, denn die hier geschriebenen Stücke waren die stärksten.
Campos: Das ist das Besondere an High South. Je öfter wir zusammenarbeiten, umso besser werden wir. Alle Songs auf dem Album sind ausschließlich in Teamarbeit entstanden, und sie waren schlussendlich stärker als alle anderen.

"Krone": Wie lange wart ihr denn überhaupt hier in Österreich?
Garner: Puh, ich denke das war schon ein Vierteljahr. Hoffentlich sind wir noch öfter und länger hier, denn wir lieben dieses Land. Zudem ist unser erstes Album bei euch sensationell gut gelaufen. Für das neue Album hoffe ich nur, dass die Grenze wirklich erst der Himmel ist.

"Krone": Wie sieht es nach der langen Zeit mit euren Deutschkenntnissen aus?
Campos: Entschuldigen Sie mein Deutsch. (alle lachen)
Garner: Ein paar Phrasen bringen wir schon zusammen, aber das ist gar nicht nötig, denn jeder hier in Österreich ist bereit und willig, Englisch zu sprechen. Sie bemerken uns als englischsprachige Menschen und beherrschen diese Sprache selbst sehr gut. Das macht uns natürlich faul, denn so sind wir nicht zwingend auf Deutsch angewiesen. (lacht)
Dixon: Die Leute packen ihre Englischkenntnisse wohl gerne aus. Allerdings sind die meisten sehr schüchtern, aber das ist bei uns umgekehrt mit unserem Deutsch ja nichts anderes. Im Endeffekt verstehen uns die meisten, und das ist das Wichtigste.

"Krone": Wäre es denn realistisch, dass ihr in einigen Jahren Songs auf Deutsch verfasst?
Campos: Derzeit liegt unser Fokus darauf, eine amerikanische Band zu sein, und da werden wir auch bleiben, aber wer weiß? Wenn das irgendwann einmal möglich sein sollte, warum auch nicht? Bei der "Starnacht in der Wachau" haben wir mit den Poxrucker Sisters "Mariandl" gesungen. Das war wirklich ein großes Vergnügen für uns. Die Leute im Publikum konnten es kaum glauben, aber die Reaktionen waren durchweg positiv.
Dixon: Wir reden nur Englisch und singen auf Deutsch. Wir sind also ABBA aus Österreich. Oh mein Gott, schreib das vielleicht lieber nicht. (lacht)

"Krone": Eure Basis habt ihr aber immer noch in Texas bei Jamey?
Garner: Dallas ist recht billig und liegt in der Mitte von uns dreien. Wir verstreuen uns ja auf Texas, Nashville und Los Angeles. Wir sind aber wirklich sehr oft hier in Österreich und sind dann total im Arbeitsmodus. Hier und da wandern wir mal ein bisschen in den Bergen, aber eigentlich sind wir immer total fokussiert.
Dixon: Es ist hier auch leichter, fokussiert zu sein. Wir sind weit weg davon, jeden Tag angerufen zu werden oder dauernd E-Mails beantworten zu müssen. Wir sind hier wie isoliert, aber anders könnten wir auch kein Album in sieben Tagen schreiben. Das ist so, als ob sich ein Autor einen Monat lang verzieht, um sein Buch zu schreiben.
Garner: Die Berge hier sind auch eine große Inspiration für uns, sie entspannen einen völlig.
Dixon: Hier ist alles so anders als bei uns zu Hause. Es ist alles etwas langsamer, natürlicher und gemütlicher. Uns inspiriert hier alles. Die Menschen, die Umgebung, die Umwelt, das Essen und vor allem die Luft. So reine Luft wie in den österreichischen Alpen – wo kriegt man die noch? Das gibt es in den USA doch fast nirgends mehr.

"Krone": Ist der Albumtitel "High South" eurer Faulheit geschuldet oder hat er einen besonderen Hintergrund?
Garner: Das ist eine durchaus berechtigte Frage und du hast natürlich Unrecht. (lacht) Wir haben lange überlegt, einen bestimmten Song zum Albumtitel zu machen, sind dann aber von dieser Idee abgekommen. Wir wollten klarstellen, wer wir sind, wie wir klingen und was uns definiert. Wir haben uns schon in Teilen auf dem Debüt selbst gefunden, darauf sind wir auch sehr stolz. Doch jetzt haben wir unseren Weg wirklich gefunden.
Dixon: Wir haben die Songs so aufgenommen, wie wir sie geschrieben haben. Wir saßen in einem Raum zusammen und haben musiziert und gesungen. Zu Hause und im Studio. Wir haben manchmal sogar zu dritt in ein einziges Mikrofon gesungen. Ich glaube, damit hat man den besten Zugang zu uns.
Garner: Wir wollten das Album nicht überproduzieren. Die Harmonien singen wir alle gleichzeitig im selben Raum, während einer von uns die Lead-Stimme übernimmt. Mit den Gitarren haben wir das Gleiche gemacht. Das gibt dem Album so eine Art von "Die alten Tage"-Gefühl. Es klingt ein bisschen nach den 70er-Jahren, wo die Musik noch handgemacht war und es nicht um Samples oder Computer ging. Das wäre aber auch nicht High South.

"Krone": Wie eingangs schon erwähnt nennt sich eure erste Single "Rockstar". Euer Benehmen erinnert aber nicht zwingend daran. Wo bleibt die Arroganz?
(alle lachen)
Garner: Hör mal zu, Motherfucker! Du wolltest ja die Arroganz. (lacht)
Dixon: Check doch bitte mal schnell ab, ob genug Handtücher in meinem Hotel sind, aber schnell.
Garner: "Rockstar" ist für uns ein archetypischer Rock-Song, in dem es darum geht, ein Mädchen zu bekommen. Die meisten von uns, die sich für das Leben eines Musikers entschieden haben, machen das, um Mädchen aufzureißen, und hoffentlich kriegst du dann irgendwann einmal mit, dass es doch um die Musik gehen solltließlich fühlt sich auch von uns jeder in gewissen Momenten wie ein Rockstar.
Dixon: Uns geht es darum, Geschichten zu erzählen und das ist eine davon. Und du kannst ein richtiger Rockstar sein, ohne Arroganz ausstrahlen zu müssen. Die Bösen stauben dafür meist die ganzen Presseartikel ab, weil sie sich wie Vollidioten gebärden – das ist aber nicht unser Ding.
Garner: Normalerweise führen wir ein Gespräch nicht unser sechs Whiskys. Unser Manager muss uns dann für gewöhnlich ins Bett schleppen. (lacht)

"Krone": Ihr erzählt also mit jedem Song eine persönliche Geschichte?
Garner: Exakt. Beispielsweise der Song "Honestly". Wir haben uns zusammengesetzt und wussten, dass jeder einen Lovesong schreiben kann. Wie aber können wir einen Lovesong schreiben, der einen universellen Appeal aufweist? Es soll nicht nur um die Liebe zwischen zwei Menschen gehen, sondern um die ganzen Menschen auf diesem Planeten. Wir haben also versucht, all diese Themen in einen Song zu verpacken. Ich habe etwa meine Erfahrungen mit meiner Ehe eingebracht.
Campos: An dem Tag, wo wir den Song geschrieben haben, sahen wir die Nachrichten im Fernsehen und haben dabei eine Story über ein afrikanisches Land entdeckt, das ihre homosexuellen Einwohner tötet. Unsere Köpfe ratterten und wir mussten dieses Ereignis irgendwie einbringen. Wir haben uns dann zusammengesetzt und einfach losgeschrieben. So einfach das auch klingen mag, aber so entstand das gesamte Album.
Dixon: Es ist der ehrlichste Weg des Songschreibens. Wir sind drei verschiedene Personen und haben zum Thema Liebe auch drei Erfahrungsgeschichten und Ansichten. Das Resultat sagte quasi, dass wenn wir für eine Beziehung kämpfen können, können es auch alle anderen.

"Krone": Was war der Grund, dass Marc die Band verlassen hat?
Garner: Ich denke, hauptsächlich ging es um das viele Reisen. Er wollte lieber zu Hause im Bett mit seiner Frau sein und von daheim gemütlich die Songs schreiben. Vielleicht hier und dort eine Session machen, aber wir wollen unterwegs sein. Ich will die Leute unterhalten, die wechselseitige Energiewirkung spüren und einfach reisen. Es ist für mich wie Atmen – ich brauche das einfach. Für die Band war es am Ende das Beste, was uns passieren konnte. Jetzt ziehen nämlich wirklich alle an einem Strang und das erleichtert vieles.
Dixon: Marc ist ein phänomenaler Gitarrist und eine Verstärkung für jede Band, aber er war auch der Einzige, der nicht gesungen hat. Insofern ist er auf dieser Position kein Verlust. Die Stimmen sind unsere Eigenständigkeitsmarke und da fehlt er eben nicht. Der Abgang hat den Sound nicht verändert. Es gibt jedenfalls kein böses Blut zwischen uns.

"Krone": Welche Nachteile haben sich nach seinem Abgang für euch ergeben?
Garner: Eigentlich keine. Ich muss mehr Gitarrenspuren spielen und mich stärker konzentrieren, aber ansonsten hat sich nicht viel verändert.
Dixon: Das Gefühl der Band hat sich auf diesem Album verändert. Das liegt nicht nur am Abgang von Marc, denn anfangs war für uns auch die Frage, was wir zu dritt machen sollten. Immerhin waren wir es gewohnt, als Quartett aufzutreten. Jetzt sind nur mehr drei Sessel im Raum. Das war aber einfach nur eine natürliche Evolution. Wir werden auch als Drei-Mann-Band weitermachen und haben nicht vor, Marc durch jemand anderen zu ersetzen.

"Krone": Wie wichtig ist Freundschaft für das gesamte Projekt High South?
Garner: Extrem wichtig. Wenn wir nicht gerade in unseren Zimmern schlafen, hängen wir die ganze Zeit zusammen. Wir essen zusammen, schreiben zusammen, machen alle Interviews zusammen. Jedes Detail unseres Berufslebens entsteht in der Gemeinsamkeit – wir sind Brüder.

"Krone": Bleibt da noch genug Zeit für das Privatleben?
Garner: Du musst gelegentlich masturbieren (lacht). Vielleicht gleich zweimal, wenn wenig Zeit bleibt.
Dixon: Für gewöhnlich macht das aber jeder für sich selbst und wir sind nicht im selben Raum. Das könnte hässlich werden. (lacht) Jetzt im Ernst – ich denke die Freundschaft hat das Album auch zu dem gemacht, was es ist. Wir drei kommen aus ganz verschiedenen Ecken, haben auch verschiedene Sichtweisen und Perspektiven, aber wir sitzen hier mit dir an diesem Tisch und sind eine Gemeinschaft. Wir machen, was wir wollen, und keiner von uns muss Angst haben, eine Idee vorzubringen. Alles ist erlaubt und wird demokratisch entschieden.
Garner: Gefährlich ist bei den Bands ja nur die Ego-Sache. Solange man die im Griff hat, ist alles okay. Wir lassen unsere Egos im Arbeitsprozess vor der Türe liegen und heben sie erst danach wieder auf. (lacht)
Dixon: Sobald wir aus dieser Tür hinausgehen, sind wir die typischen Rock-Arschlöcher. (lacht)

"Krone": Wenn man sich eure Facebook-Seite genauer ansieht, dann findet man unter der Rubrik "Bands I Like" mit Daft Punk und STS zwei völlig unerwartete Protagonisten.
Dixon: Wir wurden ja wieder vom Tiroler Christian Knoll produziert und immer wenn wir eine Auszeit hatten, wühlten wir durch seine stolze Sammlung an CDs. Darunter befindet sich eben auch STS und ich bin seither ein Riesenfan dieser Band. Als ich "Fürstenfeld" hörte, dachte ich: "Wow, das sind die Crosby, Stills & Nash aus Österreich." Wir sind aber durchaus auch von spanischen Bands oder World Music inspiriert. Es geht uns immer darum, dass uns Musik berührt. Das ist stilistisch nicht begrenzt.

"Krone": Und Daft Punk bedeutet, High South werden in ferner Zukunft elektronische Pfade einschlagen?
(alle lachen)
Dixon: Nein, es gibt schon eine Linie, die wir nicht überschreiten. Wenn es darum geht, Daft Punk zu hören und dazu zu tanzen – dann sind wir am Start.

"Krone": Was sind nun eure nächsten Schritte und Ziele?
Garner: Wir sind jetzt noch auf Promotion und werden im Frühling groß auf Tour gehen. Das Rad muss sich einfach immer weiterdrehen und wir wollen so oft wie möglich live spielen.

"Krone": Dabei müsst ihr aber sicher oft gegen das Heimweh ankämpfen.
Dixon: Jeden Tag. Es ist für uns nicht deprimierend, aber natürlich fehlt dir deine gewohnte Umgebung. Wenn du mal kurz deine Ruhe hast und im Bad stehst, dann überlegst du dir, welche Uhrzeit zu Hause wohl ist und ob es klug wäre, jetzt jemanden anzurufen. Wir wollen die Verbindung zu unseren Lieben schon aufrechterhalten und sie nicht ignorieren, wenn wir auf Dienstreise sind. Wenn wir uns mal zwei oder drei Tage nicht melden, kommt schon die Frage, ob wir in den Alpen eingeschneit seien. (lacht)
Garner: Das rückt uns natürlich auch als Band entscheidend zusammen. Wir haben allesamt als Solomusiker gearbeitet, aber das hier macht doch so viel mehr Spaß. Wir lachen die ganze Zeit und witzeln durch die Gegend und senden uns Spam-Mails. Es ist wie eine kleine Familie.

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