Turm-Bau

Vorweihnachtliches Opern-Wunder

Oberösterreich
20.12.2005 18:58
Die einen lassen ihn wie einen Super-Christbaum in den Himmel wachsen, den neuen Opernturm zu Linz. Während die anderen längst fleißigst dran herumsägen…

Von Besinnlichkeit und Einkehr ist in der oberösterreichischen Politik knapp vor Weihnachten keine Rede mehr. Nein, es ist zu einem alten Thema neuerlich die Hölle los, seit die Musiktheater-Jury zum Standort Blumau in der Vorwoche getagt hat. Nachdem zwar Landeshauptmann Josef Pühringer und Bürgermeister Franz Dobusch noch in letzter Sekunde die Reißleine zogen, um - vermeintlich - drei Monate Verschnaufpause gewinnen zu können.

Allerdings kann von Verschnaufen seit dieser „Doch-Noch-Nicht-Entscheidung“ absolut keine Rede sein. Weil, exklusiv über die „OÖ-Krone“, bekannt wurde, dass maßgebliche Teile der heimischen Politik einen bis zu 145 Meter hohen Turm  der optisch, siehe Karikatur, an einen Elefantenfuß erinnern soll  mit Kosten von bis zu 263 Millionen Euro als neuen Opernbau favorisieren, ist die Debatte wieder voll entbrannt.

Die Verwunderung ist eine breite
So wundern sich Beobachter, wie nach insgesamt jahrzehntelangen, weitgehend fruchtlosen Diskussionen die (so gut wie) letzte Chance vergeben wurde, im Kulturhauptstadtjahr 2009 mehr als nur eine halb fertige Opern-Baustelle herzeigen zu können. Denn nur das steht jetzt fest: Keinesfalls wird das neue Haus, wenn man sich auf den Turm kapriziert, bis dahin fertig!

Man wundert sich, wie die Jury ausgerechnet drei Projekte auswählen konnte, von denen zumindest zwei deutlich über die Kostenvorgaben hinausschießen.

Bürgermeister hält sich zurück
Man wundert sich, warum sich die Linzer SP so eindeutig auf das teuerste und gigantomanischste Projekt einschwört. Freilich fällt auf: Als Ober-Turm-Bauer gibt sich Stadtrat Klaus Luger, während sich sein Bürgermeister Franz Dobusch vornehm zurückhält.

Man wundert sich darüber, dass man entgegen der bisherigen Kultur und dem Lebensgefühl in Oberösterreich, wo man mit Zurückhaltung und Bescheidenheit zum Erfolg gekommen ist, Linz plötzlich einen Super-Protzbau verordnen möchte.

Man wundert sich über die jetzt schon mehrfach beschworene Gefahr des „Vertraulichkeitsbruchs“ - ein solcher „könnte das Juryergebnis gefährden.“ Unkenrufer meinen: Das wäre die einzige Möglichkeit, aus der Sackgasse zu kommen, in welche die Jury die Politik jetzt geführt hat. Und damit letztlich doch ein Projekt ermöglichen, das mit seinen Dimensionen und Kosten der Mehrheit der Menschen im Land erklärbar wäre.

Ungewohnt noble Zurückhaltung der „Eriche“

Man wundert sich über die ungewohnt noble Zurückhaltung der jeweiligen Zweiten in Stadt und Land: Die beiden „Eriche“, SP-Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider und VP-Vizebürgermeister Erich Watzl, halten sich in der Opernfrage auffällig bedeckt - dabei dürften sie Zünglein an der Waage sein.

Man wundert sich, dass beim Turmbau plötzlich Kosten keine Rolle mehr spielen sollen - während andererseits etwa VP-Landesrat Josef Stockinger mehr als laut darüber nachdenkt, dass künftig Töchter und Söhne für die Pflegeheimkosten ihrer Eltern mitzahlen sollen.

Vor allem aber fragt man sich, wer für wen jetzt welche Fallen aufstellt. Jedenfalls: Für den Wahlkampf zum Nationalrat 2006, aber auch schon für den Landtag 2009 werden jetzt im Advent 2005 die Weichen gestellt!

 

 

Karikatur: Ilic

 

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