"Akt der Aggression"

Morales-Stopp: UN-Botschafter will Österreich klagen

Österreich
04.07.2013 07:34
Während nach wie vor viele Details des unfreiwilligen Zwischenstopps des bolivianischen Präsidenten Evo Morales auf dem Flughafen Wien-Schwechat unklar sind, wird der diplomatische Wirbel immer größer. Einige Staaten wie Spanien und Frankreich widersprechen der Version mit den untersagten Überflugrechten. Boliviens UNO-Botschafter kündigte unterdessen die Einreichung einer Klage gegen Österreich bei den Vereinten Nationen an.

Österreich habe mit der erzwungenen Landung und der Untersuchung der Präsidentenmaschine auf dem Wiener Flughafen einen "Akt der Aggression" begangen und das Völkerrecht verletzt, erklärte Sacha Llorenti Soliz, Boliviens Botschafter, bei den Vereinten Nationen in Genf. Er sprach auch von "Kidnapping".

"Wir haben keinen Zweifel, dass der Befehl dazu aus den USA kam", sagte Llorenti und stellte klar: "Aus keinem Grund sollte ein Diplomatenflugzeug mit dem Präsidenten an Bord umgeleitet und zur Landung in einem anderen Land gezwungen werden."

Bolivien droht mit Ausweisung von Botschaftern
Neben der angedrohten Klage überlegt die bolivianische Regierung laut internationalen Medienberichten die Ausweisung der Botschafter von Frankreich, Portugal und Italien, weil diese Länder dem Flugzeug des Staatsoberhauptes die Überflugsrechte verweigert hätten.

Morales: "Bin ich nun entführt?"
Der Präsident selbst hatte sich wenige Stunden zuvor in Schwechat noch locker gegeben und spaßhalber gefragt: "Bin ich nun entführt?" Doch auch Morales musste bald in ernsterem Ton zugeben: "So etwas ist mir noch nie widerfahren."

Außenminister Michael Spindelegger hatte Morales kurz vor dessen Weiterflug genauso wie Bundespräsident Heinz Fischer auf dem Wiener Flughafen besucht und danach erklärt, es habe eine "freiwillige Nachschau" durch Vertreter Österreichs in der bolivianischen Präsidentenmaschine gegeben. Grund waren Gerüchte, es könnte sich der NSA-Aufdecker Edward Snowden an Bord der Maschine befinden (siehe Story in der Infobox).

Morales selbst hatte hingegen gesagt, es habe "keinen Besuch" von Österreichern in seinem Flugzeug gegeben. Später am Abend ließ auch Boliviens Außenminister Ruben Saavedra ausrichten, dass keine Durchsuchung des Flugzeuges stattgefunden habe. "Niemand hat die Maschine betreten."

Nun soll es doch keine Luftraumsperren gegeben haben
Damit steht wie auch bei zahlreichen anderen Fragen rund um den 13-stündigen Zwischenaufenthalt Morales' in Wien Aussage gegen Aussage. So behaupten nämlich nun einige beschuldigte Staaten, es habe gar keine Luftraumsperren ihrerseits gegeben.

Spanien wies den Vorwurf der bolivianischen Regierung zurück, der Maschine die Überflugrechte verweigert zu haben. Madrid habe dem bolivianischen Staatschef bereits am Dienstagabend die Erlaubnis zu einer Zwischenlandung auf Gran Canaria erteilt, sagte Außenminister José Manuel Garcia-Margallo am Mittwoch. "Wenn es zu Schwierigkeiten kam, lag das daran, dass andere Länder die Überflugrechte verweigert haben."

Auch ein Sprecher des französischen Außenministeriums sagte, es sei eine Genehmigung erteilt worden. Nach bolivianischer Darstellung hatte Frankreich der Maschine ebenfalls in letzter Minute den Überflug verweigert. Daher hätte das Flugzeug mit Morales an Bord umkehren und in Wien landen müssen.

Das portugiesische Außenministerium erklärte, man habe der Maschine des bolivianischen Präsidenten "zu jeder Zeit" den Überflug gestattet. Man habe ihr lediglich einen Tankstopp in Lissabon aus technischen Gründen verweigert.

Zwischenstopp wegen defekter Treibstoffanzeige?
In der ORF-"Zeit im Bild" wurde mit Bezug auf den Funkspruch zwischen dem Bodenpersonal in Schwechat und dem Piloten des Jets berichtet, dass der Pilot wegen einer defekten Treibstoffanzeige um Landeerlaubnis gebeten habe. Damit gibt der Zwischenstopp des bolivianischen Präsidenten immer größere Rätsel auf.

US-Botschaft in Wien: "Wir waren nicht involviert"
Vonseiten der US-Botschaft in Wien hieß es am Mittwoch, die diplomatische Vertretung sei nicht in die Geschehnisse auf dem Flughafen involviert gewesen. Zur Verweigerung des Überflugrechts für das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten durch mehrere europäische Staaten gab es keinen Kommentar.

Die "Presse" hingegen berichtet in ihrer Donnerstagsausgabe, dass die Amerikaner sehr wohl in der Causa interveniert hätten. Demnach soll US-Botschafter William Eacho mit großer Bestimmtheit behauptet haben, der Ex-Geheimdienstmitarbeiter sei an Bord des Jets und solle unverzüglich ausgeliefert werden. Im Außenministerium wurde am Mittwochabend auf Anfrage der APA bestätigt, dass es einen Anruf Eachos gegeben hatte. Druck sei dabei aber keiner ausgeübt worden.

Morales auf Heimreise mit Tankstopp auf Gran Canaria
Mittlerweile befindet sich Morales wieder in Bolivien. Am späten Mittwochnachmittag landete sein Flugzeug auf der spanischen Insel Gran Canaria, dort wurde es betankt und hob nach einem kurzen Aufenthalt wieder Richtung Heimat ab. Am Donnerstag wird das lateinamerikanische Staatenbündnis UNASUR zu einem Sondergipfel zusammenkommen, um den Eklat zu erörtern.

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