Schuldzuweisungen

Afghanischer Präsident greift USA und NATO an

Ausland
10.12.2012 12:34
Der afghanische Präsident Hamid Karzai hat in einem Interview mit dem US-Sender NBC die USA und die NATO angegriffen. Strukturen, die diese in seinem Land aufgebaut hätten - allen voran private Sicherheitsfirmen - seien mitschuld an der Unsicherheit in Afghanistan, so Karzai. Er werde zudem keine weiteren Sicherheitsabkommen zulassen, solange die USA nicht Hunderte Gefangene an afghanische Behörden übergeben.

Ende 2014 wollen sich die USA endgültig aus Afghanistan zurückziehen, doch die Probleme im Land sind mannigfaltig. Die Regierung unter Karzai gilt als korrupt und ineffizient, immer wieder kommt es zu Gewaltausbrüchen.

Ob dahinter jedoch die Terrororganisation Al-Kaida steht, darüber zeigte sich Karzai im NBC-Interview am Donnerstag skeptisch: Er glaube nicht, dass die Al-Kaida in Afghanistan präsent sei. "Ich weiß nicht einmal, ob es die Al-Kaida als Organisation, über die gesprochen wird, überhaupt gibt. Alles, was wir wissen, ist dass wir Unsicherheit haben", so Karzai.

Opfer der Afghanen "nicht anerkannt"
Zwar sei das afghanische Volk dankbar, 2001 "befreit" worden zu sein, erklärte Karzai. Doch "im Namen des Anti-Terror-Krieges haben die Afghanen den größten Preis von allen bezahlt. Das ist nicht anerkannt worden", beschwerte sich Karzai. Bisher wurden über 2.000 Angehörige des US-Militärs getötet, allein im ersten Halbjahr 2012 wurden laut UNO jedoch über 3.000 afghanische Zivilisten getötet oder verletzt.

Ärger mit den USA um Gefangene und Angriffe
Mit den USA zeigte sich Karzai unzufrieden. Afghanistan sei eine strategische Partnerschaft mit dem Land eingegangen, "in der Erwartung und der Hoffnung", dass die USA ihr Vorgehen ändern würden, so Karzai. Zum Beispiel im Fall afghanischer Häftlinge, die die USA in der Nähe einer Luftwaffenbasis in Bagram gefangen halten. Doch noch seien diese nicht an afghanische Behörden übergeben worden, verurteilte Karzai. Aus Protest habe er an US-Präsident Barack Obama geschrieben, dass es bis dahin keine Sicherheitsabkommen mehr geben werde. Zudem sei er überzeugt, dass der Terrorismus nicht besiegt werden könne, "indem man afghanische Dörfer und afghanische Häuser angreift".

Karzai: Ausland schuld an Korruption
Generell zeigte sich Karzai höchst kritisch gegenüber seinem einstmals stärksten Verbündeten, in dessen Gunst er in den letzten Jahren stark gefallen ist. So gebe es zwar Korruption im Land, die schlimmste sei aber auf Verträge - gemeint sind etwa solche für private Sicherheitsfirmen oder Rohstoffabbau - zurückzuführen, die nicht von der afghanischen Regierung abgesegnet würden. Diese Verträge würden von der internationalen Gemeinschaft, allen voran den USA, vergeben, beschwerte sich Karzai.

Verschwörungstheorie um geschwächte Regierung
Allerdings wird dies laut der humanitären Nachrichtenseite AlertNet absichtlich so gehandhabt, da Organisationen andernfalls befürchten, das Geld könnte durch Korruption und Misswirtschaft der afghanischen Regierung versickern. Laut UNO entsprechen die Bestechungsgelder, die 2012 in Afghanistan gezahlt wurden, einem Viertel des Bruttoinlandsprodukts. Doch Karzai sieht sich offenbar als Opfer: Die Sichtweise auf die Korruption werde absichtlich so gelenkt, dass die afghanische Regierung geschwächt daraus hervorgehe. Das habe er durch seine Erfahrungen gelernt, so der Staatschef.

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