In Schublade

Seltenes Vierfüßer-Fossil in Berliner Museum entdeckt

Wissenschaft
25.10.2012 15:50
Einen aufregenden Fund haben Berliner Wissenschaftler in der Schublade eines Museums gemacht. Mit Kollegen aus Großbritannien und den USA identifizieren sie ein für einen Fisch gehaltenes Fossil als Vierfüßer, wissenschaftlich als Tetrapoden bezeichnet. Der seltene Fund, der in eine "Lücke" der Erdgeschichte passt, stamme aus 340 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten in St. Louis, Missouri (USA), wie das Museum für Naturkunde Berlin in einer Aussendung mitteilte.

Die ersten Tetrapoden entwickelten sich aus einer bestimmten Gruppe von Fischen, den Fleischflossern, vor etwa 360 bis 380 Millionen Jahren in der Zeit des Ober-Devons. Sie waren ihren fischartigen Vorfahren allerdings in vielerlei Hinsicht noch sehr ähnlich und lebten wie diese weitgehend im Wasser. Erst im darauffolgenden Zeitabschnitt der Erdgeschichte, dem Unter-Karbon, passten sich die Tetrapoden an das Leben an Land an und spalteten sich stammesgeschichtlich in ihre wichtigsten Entwicklungslinien auf.

Aus der Anfangszeit des Unter-Karbons sind allerdings nur sehr wenige Tetrapoden fossil überliefert, weshalb diese Zeit nach dem amerikanischen Paläontologen Alfred S. Romer unter Wissenschaftlern als "Romers Lücke" bekannt ist. Genau in diese "Lücke" der Erdgeschichte passt nun der neue Fund. Der Fund stelle eines der wenigen Zeugnisse aus einer für die Wirbeltiere entscheidenden Phase der Erdgeschichte dar, dem Unter-Karbon, in welcher der eigentliche Schritt der Tetrapoden vom Wasser auf das Land stattfand, heißt vom Museum.

Fossil für "unbestimmten Quastenflosser" gehalten
Das eher unscheinbare Fossil aus dem St. Louis-Kalkstein stellt den Abdruck eines etwa vier Zentimeter langen Schädels von der Unterseite dar. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Greifswalder Paläontologen Otto Jaekel nach Berlin gebracht und in der Sammlung des Museums für Naturkunde Berlin als Rest eines "unbestimmten Quastenflossers" abgelegt. Dort blieb er über 100 Jahre unbemerkt, bis den paläontologischen Präparatoren des Museums, Florian Witzmann und Johannes Müller, die für einen Fisch eher ungewöhnliche Schädelform auffiel.

Da die Knochen selber nicht mehr erhalten sind, sondern nur einen Negativabdruck im Gestein hinterließen, fertigten Witzmann und Müller hochauflösende Silikon- und Latexausgüsse des Fossils ab, welche die Strukturen der Knochen als Positiv in allen Einzelheiten zeigen. "Anhand der Struktur des Gaumens und des Unterkiefers konnten wir eindeutig nachweisen, dass der Schädel nicht zu einem Fisch, sondern zu einem Ur-Vierfüßer gehört", so Witzmann.

Genauer Fundort unbekannt
Wo genau das Fossil gefunden wurde, kann nicht mehr ermittelt werden, aber die mikroskopische Untersuchung des Gesteins in Amerika ergab, dass das Fossil aus dem unteren oder mittleren Abschnitt des St.-Louis-Kalksteins stammt. Damit stellt der Schädel den ältesten bekannten Rest eines Tetrapoden in Nordamerika nach der Devonzeit dar.

Eine computergestützte Verwandtschaftsanalyse zeigt die Zugehörigkeit des Berliner Fundes zu einer sehr urtümlichen Gruppe von Tetrapoden, den Colosteiden, deren erdgeschichtlich ältester Vertreter er ist. Diese äußerlich an Salamander erinnernden Tiere entstanden noch bevor sich die Tetrapoden in die beiden Großgruppen aufspalteten, die zu den Amphibien und den Amnioten (Reptilien, Vögel, Säugetiere) führten. Im Ober-Karbon, vor etwa 310 Millionen Jahren, starben die Colosteiden aus.

Vierfüßer lebte im flachen Wasser
Die Analyse des umgebenden Gesteins deutet darauf hin, dass der Tetrapode auf dem Meeresboden in tieferem Wasser eingebettet wurde. Der Lebensraum des Tiers dürfte aber im Flachwasser gewesen sein, nach seinem Tod wurde es ins tiefere Wasser gespült. Ob es aber ein Bewohner der Meeresküste war und im Salzwasser lebte oder im Süßwasser und dann durch einen Fluss ins Meer gespült wurde, ist noch ungeklärt.

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