Jeder soll zahlen

Wrabetz fordert eine generelle ORF-Steuer

Österreich
17.10.2012 14:30
Vor knapp zwei Wochen hat die Medienbehörde KommAustria dem ORF bescheinigt, dass ORF eins und ORF 2 nicht dem Rundfunkauftrag entsprechen, weil zu viele Spaßprogramme gezeigt werden. Das hinderte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz am Mittwoch trotzdem nicht daran, eine Reform der Fernsehgebühren zu fordern. Wrabetz wünscht sich einen "ORF-Beitrag", den jeder Haushalt - ob mit Fernseher oder ohne - zahlen soll. Für jene, die von dieser ORF-Steuer z.B. aus Armutsgründen befreit würden, soll der Staat einspringen.

Derzeit setzt sich die Rundfunkgebühr aus sechs Teilen zusammen: Radiogebühr, Fernsehgebühr, Programmentgelt, Kunstförderung, Landesabgabe und Umsatzsteuer auf das Programmentgelt. Durchschnittlich bezahlt jeder Haushalt 23,50 Euro.

Nur vom Programmentgelt nimmt der ORF etwas ein - nämlich rund 600 Millionen Euro pro Jahr -, den Rest reißen sich Bund und Länder unter den Nagel. Das Programmentgelt beträgt derzeit 16,16 Euro pro Monat für Fernsehen und Radio bzw. 4,49 Euro für jene Haushalte, die nur Radio konsumieren. Die GIS versucht aktuell auch für internetfähige Computer das volle Programmentgelt abzuknöpfen, juristisch ist diese Auslegung des Gesetzes aber noch nicht durchgefochten.

Wrabetz' Lösung: Jeder soll Programmentgelt zahlen
ORF-Generaldirektor Wrabetz will den undurchsichtigen Gebührendschungel lichten. Und zwar indem alle Programmentgelt zahlen – egal, ob sie fernsehen und Radio hören oder nur eines bzw. keines von beiden und unabhängig davon, ob und welche Gerätschaften in einem Haushalt zu finden sind. Diese ORF-Steuer, pardon: dieser "ORF-Beitrag" solle dann ausschließlich und ungeteilt dem ORF zugutekommen und "staatsfern" sein. Das heißt, dass die Höhe des Beitrags weiter durch die ORF-Gremien festgesetzt würde, keinen "Umweg über ein Budget" der Regierung macht und dass die Einhebung weiter durch die ORF-eigene GIS erfolgt.

Abstimmung in der Infobox: Ist der ORF sein (Gebühren-)Geld wert?

Mit der Kunstförderung oder mit Landesabgaben will Wrabetz nichts mehr zu tun haben. Das heißt, nur mehr insofern, als dass dem ORF daraus dauerhaft die Gebührenbefreiungen für sozial Schwache refundiert werden sollen. Keinesfalls dürften Private etwas davon bekommen: "Es muss klargestellt sein, dass es keine Trittbrettfahrer gibt und nicht etwa Kommerzielle vom ORF-Beitrag profitieren", so Wrabetz zum Publikumsrat. Damit meinte er wohl den Medienförderungsfonds für privaten Rundfunk, der im einstelligen Millionenbereich aus der Radio- und Fernsehgebühr gespeist wird.

ORF-Steuer soll "in der Gesellschaft akzeptiert" sein
Für seine Haushaltsabgabe definiert der Generaldirektor zehn Prinzipien. Diese solle in der Gesellschaft akzeptiert, ausreichend, nachhaltig, staatsfern, autonom, transparent, effizient, ungeteilt und sozial gerecht sein. Außerdem solle die Abgabe valorisiert werden. "Wir brauchen einen automatischen integrierten Teuerungsausgleich gekoppelt an den Verbraucherpreisindex", so Wrabetz im Rahmen des Studientags des ORF-Publikumsrats.

Da Wrabetz allerdings davon ausgeht, dass es bis zum Inkrafttreten einer derartigen Haushaltsabgabe noch bis in die Jahre 2015/2016 dauern könnte, fordert er für die Zwischenzeit eine Verlängerung der Gebührenrefundierung, die dem ORF 2010 befristet gebilligt wurde. Aus dem ORF-Gesetz gestrichen werden müsste allerdings die Verknüpfung der Refundierung an die Aufrechterhaltung des Leistungsumfangs bei gleichzeitiger Pro-Kopf-Kostensenkung.

ORF auch mit Wrabetz-Steuer nicht werbefrei
Eines der wenigen großen Argumente, mit dem eine ORF-Steuer von den Österreichern möglicherweise akzeptiert würde, schlägt Wrabetz aber von vornherein aus: einen werbefreien ORF. Die duale Finanzierung durch Gebühren und Werbung müsse unangetastet bleiben. Der Anteil an Gebührenfinanzierung solle auch bei einer Zwangsabgabe für alle Haushalte künftig bei 70 Prozent liegen, Werbung mache 30 Prozent aus. Wrabetz will im Gegenteil noch mehr Werbung: Auf der Online-Videothek "TVthek" will der ORF-Generaldirektor Werbespots verkaufen dürfen.

Wrabetz' einziges Überzeugungsangebot: Solidarität mit dem Staatsfernsehen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei ein gesellschaftspolitisches, aufklärerisches und europäisches Konzept gesellschaftlicher Integration und die solidarische Finanzierung von allen für alle zentraler Bestandteil dieser Idee, so Wrabetz, der den Mittwoch als "Startschuss" für die Diskussion um eine Haushaltsabgabe bezeichnete.

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