Auf Vorteil bedacht

Dominante Schimpansen nur begrenzt teamfähig

Wissenschaft
17.10.2012 09:44
Dominante Schimpansen sind nur begrenzt teamfähig. Leipziger Max-Planck-Forscher haben in Experimenten herausgefunden, dass die nächsten Verwandten des Menschen nur limitierte Mittel haben, ein "Problem kollektiven Handelns" zu überwinden. In kleinen Gruppen und einfachen Situationen würden dominantere Tiere mit ihren Entscheidungen der gesamten Gruppe zu einem Vorteil zu verhelfen. In größeren Gruppen und komplexeren Situationen funktioniere das aber nicht mehr, schreiben die Forscher.

Die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie machten ihre Verhaltensstudien mit insgesamt zwölf Schimpansen. Im ersten Experiment musste ein Knopf gedrückt werden, um Tröge mit Saft für alle zu füllen. Im zweiten Versuch mussten zwei Affen an einem Seil ziehen, damit es in einem Nachbarraum Erdnüsse regnete. Die Forscher stellten die Hypothese auf, dass ranghöhere Tiere generell zum Handeln neigen, während rangniedrigere Tiere passiver bleiben und nehmen, was sie bekommen können.

Beim Saft-Experiment mit jeweils Dreier-Gruppen habe sich gezeigt, dass tatsächlich eher die ranghöheren Tiere handelten - sie sorgten dafür, dass der Saft strömte. Davon profitierte die ganze Gruppe, das Problem kollektiven Handelns war überwunden.

Bei Erdnuss-Experiment gescheitert
Beim Erdnuss-Experiment mit sechs Schimpansen, wo einerseits Kooperation nötig war und sich die Belohnung in Form von Nüssen auch noch wild im Raum verteilte, brach dieses Muster zusammen. Stattdessen lernten die dominanteren Tiere schnell, an welcher Stelle im Raum es Nüsse regnete - und postierten sich davor. Das Problem kollektiven Handelns wurde nicht gelöst, die dominanteren Tiere waren zu sehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht.

Für die Forscher war das Experiment deshalb so spannend, weil bis heute nicht geklärt ist, wie Affen in freier Wildbahn in Gruppen erfolgreich jagen. Auch die Jagd - etwa auf Stummelschwanzaffen - könnte ein "Problem kollektiven Handelns" darstellen, hieß es. Denn die aktiven Jäger trügen ein größeres Risiko, sich zu verletzen oder zu viel Energie zu verlieren. Das verleite zum Trittbrettfahren.

"Menschliches Leben voller Probleme kollektiven Handelns"
"Das moderne menschliche Leben ist voller Probleme kollektiven Handelns, bei denen Einzelne den Impuls haben, andere die Arbeit machen zu lassen und selbst die Belohnung zu kassieren", sagte der Mitautor der Studie, Michael Tomasello. "Längerfristig unterminiert das aber die Zusammenarbeit, weil die Menschen den Trittbrettfahrern ihr Verhalten übel nehmen. Daher ist alles, was wir über Vorgänge im Zusammenhang mit Problemen kollektiven Handelns herausfinden können, sehr wichtig."

Die Saft- und Erdnuss-Experimente seien jedoch nicht genau mit dem Jagd-Problem vergleichbar, berichteten die Forscher. Denn bei den Jagden hätten die aktiven Tiere gute Chancen auf ein größeres Stück der Beute und setzten dafür ihre Gesundheit aufs Spiel. Um das Geheimnis der erfolgreichen Gruppenjagden der Schimpansen zu lüften, müssten also noch weitere Experimente zu dem Problem kollektiven Handelns gemacht werden, so die Forscher. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in den "Proceedings of the Royal Society B".

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