"Vatileaks"-Affäre

Journalist: “Gabriele soll begnadigt werden”

Ausland
08.10.2012 15:10
Nachdem das vatikanische Gericht den früheren Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele (Bild rechts), wegen des Diebstahls und der Weitergabe vertraulicher Dokumente aus dem Arbeitszimmer Benedikts XVI. zu 18 Monaten Haft verurteilt hatte, bleibt im Vatikan die Suche nach möglichen Komplizen des Ex-Butlers offen. Zwar galt er vor Gericht als Einzeltäter, eine vom Papst eingesetzte Kommission ermittelt aber weiter. Unterdessen appelliert der italienische Journalist Gianluigi Nuzzi (Bild links) an den Heiligen Vater, den Verurteilten zu begnadigen.

Der Journalist, dem der Ex-Kammerdiener vertrauliche Dokumente des Papstes zugespielt hatte - woraufhin dieser in seinem Buch "Sua Santita" (Seine Heiligkeit) über schwere Machtkämpfe an der Kirchenspitze, von einem Mordkomplott gegen den Papst sowie von düsteren Geldwäsche-Geschäften der Vatikanbank IOR berichtete -, betont in einem Artikel, der am Montag in mehrern europäischen Tageszeitungen abgedruckt wurde: "Gabriele hat kein diplomatisches oder militärisches Geheimnis verraten."

Mit seiner Geste habe der Ex-Kammerdiener "verborgene Wahrheiten des Vatikans ans Licht gebracht, die der Kirche selber schaden", schreibt der Journalist. "Wenn der Papst Gabriele begnadigt, beweist die Kirche damit, dass sie keine obskure und konservative Einrichtung ist", so Nuzzi weiter.

Begnadigung sehr wahrscheinlich
Prozessbeobachter und auch Vatikan-Sprecher Federico Lombardi betonten nach dem "milden" Urteil gegen Gabriele, dass der Papst den Ex-Kammerdiener mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit begnadigen werde. Bis dahin steht er aber unter Hausarrest. Vergangenen Sonntag durfte Gabriele, von Polizisten eskortiert, einem Gottesdienst beiwohnen.

"Vatileaks"-Skandal noch nicht abgeschlossen
Weil im Zuge des Prozesses zahlreiche ungeklärte Fragen aufgetaucht waren, entschied sich der Kirchenvater, eine dreiköpfige Kommission, bestehend aus Kardinälen, einzusetzen. Diese soll Hinweisen nach möglichen Mittätern Gabrieles nachspüren. Mit dem Informatiker Claudio Sciarpelletti steht bereits eine weitere Person wegen Beihilfe vor Gericht. Bei Sciarpelletti war ein Umschlag mit Papieren gefunden worden, die aber nicht vertraulich waren. Sein Prozess wird am 28. Oktober fortgesetzt, nachdem man sich entschieden hatte, ihn getrennt von Gabriele zu behandeln.

Kurienkardinäle und Haushälterin im Visier
Gabriele nannte während des Prozesses sieben Personen, die ihn "beeinflusst" haben sollen - unter anderem die beiden Kurienkardinäle Angelo Comastri und Paolo Sardi, einen italienischen Bischof sowie eine ehemalige Haushälterin und Übersetzerin Benedikts. Den Beziehungen zwischen diesen Personen und Gabriele dürfte der Vatikan jetzt ebenfalls nachgehen wollen.

Ex-Kammerdiener soll seit 2006 gesammelt haben
Auch der Umfang des gesammelten Materials - die Beamten der Vatikangendarmerie hatten 82 Kartons mit Papieren aus seiner Wohnung im Vatikan, darunter auch rund 1.000 vertrauliche Dokumente, beschlagnahmt - sorgte für Aufsehen. Gabriele erklärte während seines Prozesses, nur in den Jahren 2010 und 2011 Papiere gesammelt zu haben. Doch die Ermittlungen ergaben, dass er schon seit Beginn seiner Tätigkeit als päpstlicher Kammerdiener im Jahr 2006 begonnen hatte, Schriftstücke des Papstes zu entwenden.

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