Jahrhundert-Crash

Entwarnung nach “Deep Impact”

Wissenschaft
06.07.2005 15:04
Entwarnung nach „Deep Impact“: Von dem Einschlag auf den Kometen Tempel 1 gehen nach Ansicht von Astronomen keine Gefahren für die Erde und ihre Bewohner aus. Die in der Einschlagwolke entdeckten giftigen Verbindungen wie Cyanid seien bereits vor langer Zeit in der Gashülle von Kometen entdeckt worden, der Mensch könne sich eher an ganz irdischen cyanidhaltigen Bittermandeln oder Pfirsichkernen vergiften als an Kometenstaub. Montag war erstmals in der Geschichte ein von Menschen gemachten Geschoss in einen Kometen eingeschlagen.

"In der Sonne laufen Prozesse ab, die milliardenfach gewaltiger sind als der Einschlag", sagte Missionsanalytiker Michael Khan vom Europäischen Raumfahrtkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt. "Der Komet ist über 130 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, das ist fast so viel wie die Entfernung zwischen Erde und Sonne."

Kometenstaub riesle tagtäglich auf die Erde. "Sternschnuppen bestehen zum Großteil aus Material, das von Kometen irgendwann einmal ausgestoßen wurde", sagte Kahn. "Trifft das Material in die Erdatmosphäre, dann verglüht es zu Asche und Gas, und irgendwann atmen wir es ein oder wir stehen darauf", erläuterte Khan. Auf der Erde gebe es eine viele Meter dicke Materialschicht, die von Kometen stamme. "Wir bestehen selbst aus Kometenstaub." Auch die Ozeane seien zum Großteil mit Wasser gefüllt, das von Kometen stamme.

Die in der Einschlagwolke entdeckten giftigen Verbindungen wie Cyanid seien bereits vor langer Zeit in der Gashülle von Kometen entdeckt worden, sagte Khan. Der Mensch könne sich eher an ganz irdischen cyanidhaltigen Bittermandeln oder Pfirsichkernen vergiften als an Kometenstaub.

Umlaufbahn nur marginal verändert
Die Umlaufbahn des Kometen um die Sonne sei durch den Einschlag des Projektils der Raumsonde "Deep Impact" nur marginal verändert worden. "Tempel 1 ist derzeit an dem sonnennächsten Punkt seiner elliptischen Umlaufbahn" erläuterte Khan. Er sei dabei aber immer noch so weit von der Sonne entfernt wie unser äußerer Nachbarplanet Mars. "Der Komet Tempel 1 kreuzt die Erdumlaufbahn daher nicht", betont Khan. "Wir schätzen, dass sich der sonnennächste Punkt des Kometen durch den Einschlag um einige Meter verändert hat."

"Die Heftigkeit des Einschlags war vergleichsweise lächerlich", meint Khan. "372 Kilogramm sind gar nichts im Vergleich zu dem Effekt, der entsteht, wenn ein Meteorit auf einen Kometen trifft. Da sind millionenfach größere Massen im Spiel."

Erste Hinweise auf Kometenkern
Das Weltraumteleskop Hubble hat beeindruckende Bilder vom inszenierten Einschlag des Projektils der US-Sonde "Deep Impact" in den Kometen Tempel 1 aufgenommen. Die Daten geben erste Hinweise auf die Stoffe, die bei der Kollision aus dem Himmelskörper geschleudert wurden.
"Die Wolke besteht aus einer Mischung von Wassereis und Kohlendioxideis sowie aus Substanzen, die wir noch nicht identifizieren konnten", sagte Rudolf Albrecht von der europäischen Koordinationsstelle des Hubble-Weltraumteleskops.

Astronomen wollen aus diesen noch nicht identifizierten Substanzen Erkenntnisse zur Entstehung unseres Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren gewinnen. Einige nehmen zudem an, dass Kometen Grundbausteine des Lebens auf die Erde gebracht haben.

Aufschlag wie 4,5 Tonnen Sprengstoff
Der Einschlag des Projektils der NASA-Sonde „Deep Impact“ wurde von verschiedenen Teleskopen auf der Erde und im All beobachtet. Der Aufschlag hat einer Energie von 4,5 Tonnen TNT entsprochen. Die Verdampfung der Substanzen habe nur Bruchteile einer Sekunde gedauert, dann seien die Substanzen sofort wieder auf unter minus 100 Grad Celsius abgekühlt und gefroren.

Der Jahrhundert-Crash im All
Erstmals in der Geschichte ist am Montag ein von Menschen gemachten Geschoss in einen Kometen eingeschlagen. Das kühlschrankgroße Projektil der US-Raumsonde "Deep Impact" prallte mit einer Geschwindigkeit von rund 37.000 Kilometern pro Stunde um 7.52 Uhr auf den Kometen Temple 1. Wissenschaftler können nun erstmals überhaupt Material aus dem Kern eines Kometen sehen.

Forscher: "Phänomenale Fotos"
Das mit einer Kamera versehene 372 Kilogramm schwere Geschoss namens "Impactor" hatte nach NASA-Angaben noch drei Sekunden vor seinem Aufprall phänomenale Fotos von Tempel 1 gemacht. "Es waren zwei sehr große Krater zu erkennen", sagte Petr-Gotzens. Sie könnten beispielsweise vom Einschlag kleinerer Körper aus dem All stammen. Zudem habe der Komet Tempel 1 viele Furchen.

Die Muttersonde "Deep Impact" funktioniert nach NASA-Angaben weiter. Sie habe beeindruckende Spektralfotos von dem Kometen nach dem Einschlag gemacht, die noch analysiert werden müssten.

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