"Vatileaks"-Skandal

Papst-Vertrauter verhaftet: Gab er Dokumente weiter?

Ausland
25.05.2012 21:26
Der Vatikan wird derzeit von einem handfesten Skandal um die Weitergabe vertraulicher Papst-Dokumente erschüttert. Am Donnerstag wurde der Haushofmeister des Papstes, Paolo Gabriele (auf dem Bild links hinter dem Papst), festgenommen, berichten italienische Medien am Freitag und sprechen dabei bereits von einem "Vatileaks"-Skandal. Vatikansprecher Federico Lombardi bestätigte lediglich die Festnahme "einer verdächtigen Person". Zuvor hatte ein Journalist die geheimen Dokumente veröffentlicht.

Der 40-jährige Römer Gabriele arbeitete seit 2006 für den Papst, nachdem er im Dienst von Erzbischof James Harvey, dem Präfekten des Päpstlichen Haushaltes, gestanden war. Der enge Vertraute des Papstes wurde am Donnerstagnachmittag von dem Kommandanten der vatikanischen Gendarmerie, Domenico Giani, in seiner Wohnung festgenommen und dann vom Vatikan-Staatsanwalt Nicola Picardi einvernommen.

Eine beträchtliche Menge an vertraulichen Dokumenten des Papstes wurde in der Wohnung des päpstlichen Kammerdieners gefunden, heißt es in den Medienberichten. Zuvor hatte Vatikansprecher Lombardi die Festnahme einer Person in Zusammenhang mit dem Dokumenten-Skandal bestätigt. "Sie steht jetzt der vatikanischen Justiz zur Verfügung, um ihre Position zu klären", sagte Lombardi.

"Geheimpapiere" veröffentlicht
Die Weitergabe vertraulicher Informationen beschäftigt den Heiligen Stuhl, seit der italienische Journalist Gianluigi Nuzzi angebliche Geheimdokumente aus dem Vatikan veröffentlichte. In einem Buch mit dem Titel "Sua Santita" (Seine Heiligkeit) publizierte er nach eigenen Angaben "Geheimpapiere von Benedikt XVI.". Dazu gehörten Briefe und Faxe sowie Gesprächsvorlagen für den Papst. Unter anderem war ein internes Vatikanmemorandum für ein Treffen des Papstes mit dem italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano abgedruckt worden. Ende April hatte Benedikt XVI. drei pensionierte Kardinäle beauftragt, die wiederholte Weitergabe interner Dokumente an die Presse aufzuklären.

Der Vatikan hatte vergangene Woche ein entschiedenes Vorgehen gegen die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente des Papstes angekündigt. Es handle sich hier nicht mehr um Journalismus, sondern um kriminelle Taten und um die Verletzung persönlicher Freiheitsrechte, hieß es in einem am vergangenen Samstag vom Vatikan veröffentlichten Kommunique.

"Vatileaks"-Skandal auch in Vatikanbank?
Spekuliert wird nun, ob es einen Zusammenhang zwischen der Festnahme Gabrieles und der am Donnerstag beschlossenen Entlassung des Chefs der Vatikanbank IOR, Ettore Gotti Tedeschi (siehe Infobox), gibt. Dieser musste nach einem Misstrauensvotum des Aufsichtsrats am Donnerstag zurücktreten. Der Bankmanager, der mehr Transparenz in die Geschäfte der Vatikanbank bringen sollte, habe trotz wiederholter Mahnungen "bestimmte Aufgaben von vordringlicher Wichtigkeit nicht ausgeführt", teilte der Vatikan am Freitag mit.

Interimistisch soll die Bank jetzt vom bisherigen Vizepräsidenten Ronaldo Hermann Schmitz, Vertreter der Deutschen Bank im IOR-Vorstand, geleitet werden, berichteten italienische Medien. Es gehe jetzt darum, einen neuen Präsidenten zu finden, der sich um den Aufbau "wirksamer und breiter Beziehungen zwischen dem IOR und der Finanzwelt" bemühe, heißt es im Vatikan. Diese Beziehungen müssten "auf Grundlage von beiderseitigem Respekt vor international akzeptierten Bankenstandards" bestehen.

Verdacht auf Geldwäsche
Machtkämpfe und Intrigen sollen zur Ausgrenzung des IOR-Chefs geführt haben, der in den vergangenen Monaten immer wieder mit dem vatikanischen Staatssekretär Kardinal Tarcisio Bertone in Konflikt geraten war. Die Vatikanbank stand in der Vergangenheit bereits wegen undurchsichtigen Finanzgebarens in der Kritik, unter anderem im Zusammenhang mit Geldwäsche.

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